MH370: Den Opferfamilien bleibt die Ungewissheit

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Drei Jahre nach dem Verschwinden des Malaysia-Airlines-Flugs MH370 wird die Suche nach der Maschine eingestellt. Die Verwandten der 239 getöteten Passagiere sind empört.

Bangkok. Die Fugro Equator kehrt mit schlechten Nachrichten nach Hause. Der niederländische Hightechfrachter war das letzte Schiff, das fast drei Jahre nach dem Verschwinden des Malaysia-Airlines-Flugs MH370 noch nach der verunglückten Maschine suchte. Am Dienstag beendete es seine Fahrt durch ein 120.000 Quadratkilometer großes Gebiet im Indischen Ozean, das als wahrscheinliche Absturzstelle galt – und fand auch am letzten Einsatztag keinen Hinweis auf die Unglücksmaschine.

Eines der größten Luftfahrträtsel könnte damit für immer ungelöst bleiben. Bis heute haben die Angehörigen der 239 Passagiere und Crew-Mitglieder, die im März 2014 von Kuala Lumpur nach Peking fliegen wollten, keine Antwort auf die Frage, weshalb die Boeing 777 ihr Ziel nie erreichte. Die Regierungen Malaysias, Chinas und Australiens erklärten nun das vorläufige Ende der umfangreichsten Suchaktion in der modernen Luftfahrtgeschichte. Die Entscheidung stieß bei den Betroffenen auf Kritik.

„Trotz aller Bemühungen mithilfe modernster Technik und Experten ist es nicht gelungen, das Flugzeug aufzuspüren“, teilten die Verkehrsminister der drei an der Suche beteiligten Länder mit. Sie gaben rund 150 Millionen Euro für den erfolglosen Einsatz aus. Eine Ausweitung des Suchgebietes wollten sie sich nicht mehr leisten. „Die Entscheidung zur Suspendierung der Unterwassersuche ist uns nicht leicht gefallen“, hieß es. In mehreren wissenschaftlichen Untersuchungen sei es aber nicht gelungen, neue Informationen über eine spezifische Absturzstelle zu finden. Man hoffe jedoch nach wie vor, dass solche Hinweise in Zukunft doch ans Licht kommen.

Auswertung von Kontakten

Dabei gibt es seit Dezember Grund zur Annahme, dass sich die jahrelange Suchaktion auf die falsche Gegend fokussierte. Australische Behörden, die für den Fall zuständig sind, kamen nach einer neuen Analyse der vorhandenen Daten zum Schluss, dass ein 25.000 Quadratkilometer großes Gebiet weiter nördlich die wahrscheinlichere Absturzstelle ist. Die Gutachter stützten sich vor allem auf die Auswertung von sieben kurzen Kontakten, die das Flugzeug vor seinem Absturz automatisch mit einem Satelliten aufnahm.

Den für die Suche verantwortlichen Staaten war dieser Hinweis aber nicht konkret genug. Angehörige der MH370-Opfer reagierten mit Unverständnis. Eine präzise Ortung des Flugzeugs zu verlangen, bevor man die Suche wieder aufnehme, sei womöglich nur eine clevere Formulierung, um den Einsatz endgültig zu begraben, hieß es in einer Mitteilung der Gruppierung Voice 370, zu der sich Familienmitglieder der Absturzopfer zusammengeschlossen haben.

„Aus unserer Sicht ist eine Ausweitung der Suche auf das von Experten definierte neue Gebiet unerlässlich.“ Man dürfe es nicht hinnehmen, dass ein Passagierflugzeug einfach so verschwinde. Nach der Untersuchung von 120.000 Quadratkilometern aufzuhören sei verantwortungslos. Die Angehörigen appellierten daher an die Behörden, ihre Entscheidung zu überdenken.

Die Familien der Opfer bekamen bisher nur Theorien über das Schicksal des Fluges zu hören. Dazu gehört die Möglichkeit, dass der Pilot absichtlich die Maschine vom Kurs abbrachte, um die Passagiere und sich selbst zu töten. Australische Behörden bestätigten vergangenen Juli, dass im privaten Flugsimulator des Kapitäns eine Route getestet wurde, die in den Indischen Ozean führte. Eine endgültige Erklärung für das Luftfahrt-Mysterium sahen die Verantwortlichen darin aber nicht. Auch Teile des Flugzeugwracks, die auf der Insel La Réunion und auch in Südostafrika angespült wurden, lieferten kaum verwertbare Indizien.

„Ich kann nur beten“

Selamat Omar sieht in der Unklarheit eine große Belastung. Der 61-jährige Malaysier hat seinen Sohn an Bord von MH370 verloren. Im Fernsehen wandte er sich an den Premier seines Landes und bat ihn, eine Fortsetzung der Suche zu finanzieren. „Solange wir die Wahrheit nicht kennen, werden wir weiter leiden“, sagte er. Sich von seinem Sohn bei einem Begräbnis zu verabschieden sei für ihn nicht möglich gewesen. „Alles, was ich tun kann, ist beten.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2017)

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