Der Italiener galt bei der Wahl für den EU-Parlamentspräsidenten als Favorit.
Straßburg. Zweifellos kennt Antonio Tajani die EU-Strukturen wie wenige andere: Seit 1994 EU-Parlamentarier, dann EU-Kommissar, dann wieder Abgeordneter. Dass er am Mittwoch bei der Wahl zum Parlamentschef doch mehr Widerstand als erwartet zu überstehen hatte, liegt vor allem an seiner Nähe zu Italiens Ex-Regierungschef Berlusconi. Mit ihm würde die Rechte einen Brückenkopf in der EU haben, kritisieren Linke und Grüne.
Tajani wurde 1953 in Rom geboren, sein Vater diente beim Militär. Nach dem Besuch des Gymnasiums absolvierte er eine Luftwaffenschule, begann Jus zu studieren und spezialisierte sich nebenher als Reserveoffizier auf Luftverteidigung. Dann startete er eine journalistische Karriere, wurde Radiomoderator und schließlich Leiter der römischen Redaktion der Zeitung „Il Giornale“ – hier intensivierten sich seine Verbindungen zum Medienzaren und Populisten Silvio Berlusconi. Gemeinsam gründeten sie die Partei Forza Italia, und als Berlusconi 1994 Ministerpräsident wurde, ernannte er Tajani zu seinem Sprecher.
Doch nicht lange. Im selben Jahr wechselte Tajani für die Forza ins Europaparlament. Nach 14 Jahren wurde der Italiener zum Verkehrskommissar ernannt. Zwei Jahre später, 2010, wurde er Kommissionsvizepräsident, zuständig für die Industrie – damit auch für die Autobranche. In diesem Zusammenhang wurde ihm später vorgeworfen, von der VW-Abgasaffäre frühzeitig gewusst und nichts unternommen zu haben. Tajani weist diese Vorwürfe zurück.
Im Mai 2014 schied er aus der Kommission aus, wurde wieder Parlamentarier und einer der Vizepräsidenten des Parlaments. Im Dezember wurde Tajani schließlich von der EVP zu ihrem Kandidaten als EU-Parlamentspräsident gewählt. (g.b.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2017)