Rückkehr der Geldmaschinen

(c) APA/AFP/EDUARDO MUNOZ ALVAREZ
  • Drucken

Höhere Zinsen, ein stärkeres Wirtschaftswachstum und ein US-Präsident, der der Regulierung den Kampf angesagt hat: Den Banken an der Wall Street könnte kaum Besseres passieren.

Sie waren die Mitverursacher der Finanzkrise und mussten dafür jahrelang büßen: die Banken. Der Staat nahm sie härter an die Kandare, von Geschädigten wurden sie mit Klagen eingedeckt, und für ihre Aktien interessierte sich kaum jemand. Doch seit Donald Trump die Wahl zum US-Präsidenten gewonnen und die US-Notenbank ihre Zinsen angehoben hat, wittert die Wall Street wieder Morgenluft.

Der mächtigste Mann der Welt hat den Finanzinstituten nämlich die Deregulierung des Sektors in Aussicht gestellt. Im Zentrum steht dabei die sogenannte Volcker Rule. Sie zielt darauf ab, den Eigenhandel der Banken zu beschränken, um riskanten Finanzwetten einen Riegel vorzuschieben. Genau das soll unter Trump nun abgeschwächt oder abgeschafft werden. Selbst wenn Trump den Wunsch der Wall Street nicht gänzlich zu erfüllen vermag, könnte es andernorts zu Erleichterungen für die Branche kommen. Manche sehen deshalb schon die nächste Finanzkrise heraufziehen – doch bis es so weit ist, dürfte es noch eine Weile dauern.

In der Zwischenzeit regiert das Prinzip Hoffnung (auch, weil Ex-Goldman-Sachs-Banker für Trump arbeiten) – flankiert von der Realität. In den vergangenen Tagen legten einige US-Institute ihre Zahlen für das abgelaufene Jahr vor, und siehe da: Das Geld fließt wieder. Die US-Investmentbank Goldman Sachs zum Beispiel konnte ihren Gewinn im vierten Quartal fast vervierfachen. Citigroup legte im Vergleich zum Schlussquartal ebenfalls ein deutlich besseres Ergebnis hin. JP Morgan und die Bank of America taten es den anderen mit höheren Überschüssen gleich. Vor allem im Handel mit Anleihen, Devisen und Rohstoffen lief es rund.

Die Aussichten für den Finanzsektor seien in diesem Jahr angesichts möglicher weiterer Zinserhöhungen in den USA gar nicht so schlecht, sagt Händler Markus Huber von City of London Markets. Daneben profitieren die Banken auch von der Volatilität, da sich dann die Spreads zwischen Kauf- und Verkauforders ausweiten. Und: „Banken werden aus Anlegersicht wieder populärer, vor allem, weil viele Fonds diesen Sektor noch immer untergewichten.“ Steigen die Gesellschaften großflächig in den Markt ein, können Kursanstiege folgen.


Hoher Abschlag.
Derzeit hinkt der globale Bankensektor mit einer Marktkapitalisierung von rund 925 Mrd. Dollar seinem Hoch hinterher. Schätzungen zufolge macht der Bewertungsabschlag gegenüber dem breiten Markt für US-Banken (und auch für europäische) rund 30 Prozent aus.

Sieht man sich die Aktien der Investmentbank Goldman Sachs an, so halten sich die Kauf- und Halten-Empfehlungen mit je 14 Einstufungen derzeit zwar die Waage, doch liegt das Kursziel auf Zwölf-Monats-Sicht um sieben Prozent über dem gegenwärtigen Preis der Aktie. Eindeutig für einen Kauf sprechen sich die Analysten bei Citigroup aus. Hier raten 21 Experten einzusteigen, acht empfehlen, das Papier zu halten, drei raten zum Verkauf. Das gegenwärtige Aufwärtspotenzial wird unter dem Strich bei zwölf Prozent gesehen. Als Kaufgelegenheit wird auch die Bank of America, von immerhin 26Experten, betrachtet. Dem gegenüber stehen elf Halten- und eine Verkaufsempfehlung. Das Ertragspotenzial stuft man mit knapp neun Prozent ein. Für die Citi-Analysten zählt übrigens die Konkurrenz von Bank of America neben Wells Fargo zu den Top Picks auf der Empfehlungsliste.

Auch in Europa macht Citi attraktive Ziele aus, unter anderem BNP Paribas und Credit Suisse. Die Schweizer haben erst dieser Tage eine Altlast aus der Finanzkrise beseitigt und sich mit den US-Behörden auf eine Zahlung von 5,3 Milliarden Dollar geeinigt.

Goldman Sachs bevorzugt ebenfalls BNP Paribas (höhere Ausschüttungen wahrscheinlich) und Credit Suisse (am stärksten auf den Kapitalmarkt ausgerichtet). Bei UniCredit und Banca popolare dell'Emilia Romagna ortet man wiederum eine glaubwürdige Restrukturierung. ?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.