Erste Urteile nach Prügelvideo-Affäre

Ort der Prügelszene beim Donauzentrum in Kagran.
Ort der Prügelszene beim Donauzentrum in Kagran.(c) Clemens Fabry
  • Drucken

Nach der Debatte um ein Facebook-Gewaltvideo standen nun sowohl eine mutmaßliche jugendliche Gewalttäterin als auch das damalige Opfer vor Gericht. Beide wegen eines Einbruchs.

Wien. Das auf Facebook hochgeladene, erst nach einer Woche aus dem Netz genommene Video, auf dem man sieht, wie eine 15-Jährige von anderen Jugendlichen umringt und geschlagen wird, hatte im November eine breite Debatte ausgelöst. Es ging sowohl um rohe Bestrafungsrituale in Jugendmilieus als auch um die (straf-)rechtlichen Grenzen des größten sozialen Netzwerks der Welt: Facebook (1,8 Milliarden Nutzer).

Vor diesem Hintergrund bot sich am Donnerstag im Straflandesgericht Wien ein eigentümliches Bild: Das Prügelopfer von damals saß gemeinsam mit einer 16-Jährigen, die die Rädelsführerin der Prügelattacke gewesen sein soll, auf der Anklagebank.

Beide Jugendlichen – und auch noch weitere Angeklagte im Alter von 15 bis 19 Jahren, fassten letztlich milde Urteile aus. Richterin Daniela Zwangsleitner beließ es bei bedingten Haftstrafen von vier bis sechs Monaten. Insgesamt waren acht Jugendliche im Gerichtssaal gesessen (zwei Burschen kamen zu spät, einer gar nicht). Zwei der acht jungen Leute kamen sogar mit einer Diversion davon, ihnen blieb also eine Verurteilung erspart.

Das Prügelvideo – das 15-jährige Opfer erlitt einen doppelten Kieferbruch – war nicht Gegenstand der Anklage. In dieser Sache wird der Prozess erst vorbereitet.

Das Gericht befasste sich am Donnerstag ausschließlich mit Einbruchstouren und Diebstählen jener Clique, zu der eben auch die 16-Jährige zählte, die in Sachen Prügelvideo eine Führungsrolle gespielt haben soll. Die Jugendliche (sie wurde erst Anfang Jänner 16) wanderte nach der Prügelvideo-Veröffentlichung auf Facebook in U-Haft, wurde nach einigen Wochen freigelassen und befindet sich aktuell erneut in U-Haft, weil sie gegen Auflagen verstoßen hatte. Anfang August vorigen Jahres hatte sich die Jugendliche, die früher in einem Krisenzentrum in Amstetten gelebt hatte, an einem Einbruch in jenes Haus in Niederösterreich beteiligt, in dem ihre eigene Mutter gemeinsam mit ihrem Stiefvater leben. Ausgerechnet via Facebook soll die Jugendliche erfahren haben, dass das Haus gerade leer stand, da das Eigentümerpaar auf Urlaub gefahren war.

Die Mitglieder der Gruppe nahmen Wertsachen an sich – vom Smartphone bis zur X-Box. Die 16-Jährige, die zugab, dabei gewesen zu sein, meinte nun trotzig, sie habe nichts mitgenommen. Richterin: „Alle haben was eingepackt, nur Sie nicht.“ Die 16-Jährige angriffslustig: „Was soll denn das jetzt heißen?“ Auf demonstratives Befragen ihrer Anwältin, ob es ihr leid tue, meinte die 16-Jährige achselzuckend: „Ja, ist so, kann es eh nicht mehr ändern.“

Nach dem Einbruch fuhren die jungen Leute mit dem Auto des Stiefvaters davon. Jedoch tankten sie den falschen Treibstoff, zudem fuhren sie mangels Fahrkenntnissen nur im ersten und zweiten Gang. „Das Auto hat einen Totalschaden, das Haus wurde verwüstet“, sagte nun der Stiefvater im Zeugenstand. Der Schaden betrage Zehntausende Euro.

Schlagring besessen

Die 16-Jährige erhielt wegen Einbruchsdiebstahls, unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen und Verstoßes gegen das Waffengesetz – sie besaß einen Schlagring – fünf Monate bedingte Haft. Wegen dieses Einbruchs wurde auch das seinerzeitige Prügelopfer verurteilt. Die zierliche 15-Jährige erhielt auch fünf Monate bedingte Haft. Die Strafen sind rechtskräftig.

Eine Angehörige der 15-Jährigen hatte damals das Prügelvideo auf Facebook gestellt. Es wurde in wenigen Tagen fünf Millionen Mal aufgerufen. Erst nach Intervention des Justizressorts wurde es aus dem Netz genommen. Eine Anzeige gegen Facebook wegen Beteiligung am Cybermobbing wurde von der Staatsanwaltschaft zurückgelegt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Wien

Wien: Ein Prügelvideo und seine Folgen

Eine 15-Jährige wird von vier Jugendlichen so hart geschlagen, dass sie einen Kieferbruch erleidet. Ein Video der „Bestrafung“ landete auf Facebook – und löst nun eine Debatte aus.
Der Vorfall trug sich beim Donauzentrum in Kagran zu
Wien

Mädchen verprügelt: Polizei ermittelt wegen Video

Jugendliche schlugen eine 15-Jährige und filmten dabei mit. Laut Polizei habe es sich um einen Streit wegen "Nichtigkeiten" gehandelt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.