Deutschland: Verteidigungsministerin will Übergriffe aufklären

Verteidigungsministerin Ursula Von der Leyen.
Verteidigungsministerin Ursula Von der Leyen.(c) REUTERS
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Sexuell-sadistische Aktionen in einer Kaserne für Elitesoldaten erschüttern die deutsche Bundeswehr.

Berlin. Eigentlich sollte am Dienstag nur über ein Thema diskutiert werden, das in militärischen Kreisen oft tabuisiert wird: „Sexuelle Orientierung und Identität in der Bundeswehr“ war der Titel eines schon länger geplanten Workshops in Berlin, den Verteidigungsministerin Ursula Von der Leyen initiiert hatte.

Doch die Veranstaltung wurde von einem Skandal überschattet, der am Wochenende publik geworden war. In der Staufer-Kaserne in Pfullendorf (Baden-Württemberg), wo Spezialeinheiten der Bundeswehr ausgebildet werden, gehörten sexuell-sadistische Übergriffe, Gewaltrituale und systematische Demütigung offenbar zum Alltag. Es gibt Berichte von Rekruten, die vor ihren Kameraden bizarre Doktorspiele durchführen mussten – das Ganze nackt. Andere wurden an einen Stuhl gefesselt und, nachdem man ihnen einen Sack über den Kopf gezogen hatte, mit kaltem Wasser abgespritzt.

Die Ermittlungen waren durch die Beschwerde einer Soldatin beim Wehrbeauftragten und beim Verteidigungsministerium ausgelöst worden. Dafür sei die Frau von Kameraden und Vorgesetzten gemobbt worden.

Mittlerweile wurden sieben Personen entlassen, weitere sieben versetzt, darunter der Kommandeur der Kaserne, und etliche Disziplinarverfahren eingeleitet. Betroffen seien Soldaten und Vorgesetzte, sagte der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels. Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt nach einer Strafanzeige der Bundeswehr gegen mehrere Personen.

Bundestag spät informiert

Von der Leyen bezeichnete die Vorfälle als „widerwärtig“ und versprach, dass sie „mit aller Härte“ aufgeklärt würden. Allerdings steht auch die Ministerin in der Kritik: Bundestagsabgeordnete von SPD und Grünen kritisierten eine „schleppende Informationspolitik“. Denn die Mitglieder des Verteidigungsausschusses wurden erst am Freitagmittag informiert – kurz nachdem der Skandal via „Spiegel Online“ publik geworden war. (pri)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2017)

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