Auch Piëch gerät unter Beschuss

Ferdinand Piëch
Ferdinand Piëch (c) imago/IPON (imago stock&people)
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Hat Ferdinand Piëch seine Pflichten als Aufsichtsratsboss erfüllt? Jörg Hofmann, VW-Aufsichtsrat, hat Zweifel. Haftungsansprüche gegen Piëch schließt er nicht aus.

Wien. Der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende und VW-Großaktionär Ferdinand Piëch könnte sich mit seiner Aussage Ende 2016 vor der Staatsanwaltschaft Braunschweig auch selbst in Schwierigkeiten gebracht haben. Wie das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ vergangene Woche berichtete, hat Piëch mit seiner Sachverhaltsdarstellung Ex-VW-Chef Winterkorn schwer belastet. Winterkorn habe deutlich früher, als er bisher zugegeben hat, von den Abgasmanipulationen gewusst. Nachdem er, Piëch, schon Ende Februar 2015 einen Hinweis bekommen hat, dass VW ein großes Problem in den USA habe, soll er Winterkorn zur Rede gestellt haben. Der habe jedoch abgestritten, dass die US-Behörden Hinweise auf mögliche Abgasmanipulationen schon an den Wolfsburger Konzern weitergeleitet hätten.

Piëchs Aussage könnte mit ein Grund für die Staatsanwaltschaft Braunschweig gewesen sein, ihre Ermittlungen gegen Winterkorn auszuweiten. Es hätten sich „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte“ ergeben, dass der damalige Konzernchef vom Einsatz der Betrugssoftware und ihrer Wirkung gewusst haben könnte, so die Erklärung der Staatsanwaltschaft.

Hätte Piech mehr tun müssen?

Doch hat sich Piëch mit seinen Behauptungen nicht ebenfalls in eine prekäre Situation manövriert? Hätte er als Aufsichtsratsvorsitzender von so einem Verdacht wissend nicht ganz anders agieren müssen? Dazu äußerte sich der VW-Aufsichtsrat und IG-Metall-Chef Jörg Hofmann gestern in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Nach Ansicht Hofmanns sollte sich Piëch besser auf Schadenersatzforderungen einstellen. Denn träfen seine Aussagen zu, dann stelle sich die Frage, „ob Professor Piëch seine Pflichten als damaliger Aufsichtsratsvorsitzender erfüllt hat“, so Hofmann. Freilich gelte für Winterkorn nichts anderes als für Piëch. War der ehemalige Vorstandsvorsitzende tatsächlich früher in die kriminellen Machenschaften seiner Ingenieure eingeweiht, wie von Piëch insinuiert, dann „werden wir das in die laufende Prüfung möglicher Haftungsansprüche gegen Organmitglieder einbeziehen“, sagt Hofmann.

Neue Erklärungen für den Machtkampf

Retrospektiv lässt sich nun der Machtkampf, der zwischen Patriarch Ferdinand Piëch und seinem einstigen Schützling Winterkorn im Frühjahr 2015 entbrannte, besser erklären. Im April ging Piëch nämlich überraschend „auf Distanz“ zu dem damaligen Vorstandsvorsitzenden. Er kritisierte Winterkorn vor allem wegen der Schwierigkeiten auf dem US-Markt und des verschleppten Einstiegs in den Markt mit Billigfahrzeugen. War es zuvor ausgemachte Sache, dass Winterkorn spätestens im Frühling 2017 den Vorsitz im VW-Aufsichtsrat von Patriarch Piëch übernehmen soll, wollte der davon auf einmal nichts mehr wissen.

Doch Piëch hat zu hoch gepokert. Im April trat er mit sofortiger Wirkung von allen Mandaten im Volkswagenkonzern zurück. Seine Begründung: Das notwendige Vertrauen im Kontrollgremium sei nicht mehr gegeben.

Martin Winterkorn bekam – für kurze Zeit wenigstens – Oberwasser. Sein Vertrag sollte erneut verlängert werden. Doch aus der Vertragsverlängerung wurde bekanntlich nichts. Nachdem im September 2015 bekannt wurde, dass der VW-Konzern im großen Stil mit den Abgaswerten getrickst hatte, trat Winterkorn am 23. September 2015 als Vorstandsvorsitzender zurück. Im Oktober legte er auch seinen Vorsitz in der Porsche Automobil Holding zurück. (hec)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2017)

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