Wenn Hassbotschaften das Stadion erobern

Hassbotschaften im Fußballstadion
Hassbotschaften im Fußballstadionimago/Jan Huebner
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Dortmund-Anhänger haben mit Ausschreitungen und aggressiven Transparenten Deutschland in Aufregung versetzt. Der Klub verspricht Aufklärung, verwehrt sich aber gegen Pauschalurteile – eine eigene Kommission ermittelt.

Dortmund. Dank DFB-Pokal rollt der Ball in Deutschland auch unter der Woche, doch im Nachbarland wird derzeit nur über eine Frage diskutiert: Wo sind im Fußball die Grenzen des Erlaubten? Im Blickpunkt: Borussia Dortmund. Schwarz-gelbe Anhänger sorgten am Wochenende dafür, dass das heutige Achtelfinale gegen Hertha BSC Berlin (20.45 Uhr, live ARD) zur Nebensache verkommen ist. Die Gewaltbereitschaft des laut Polizei „völlig enthemmten Mobs“ im Vorfeld der Partie gegen RB Leipzig und geschmacklose bis möglicherweise strafrechtlich relevante Transparente auf den Rängen lassen die Wogen hochgehen.

„Schlachtet die Bullen“ war einer der harmlosesten Sprüche, die über 90 Minuten lang in der Dortmunder Südkurve zu sehen waren, den Tiefpunkt stellte ein Suizid-Aufruf an RB-Sportdirektor Ralf Rangnick dar. „Das Spiel hätte gar nicht angepfiffen werden dürfen“, kritisierte Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, in der „Bild“-Zeitung und nahm die Klubs in die Pflicht. „Es ist Aufgabe des Vereins, dafür zu sorgen, dass solche Plakate nicht gezeigt werden dürfen.“

Spruchbändern mit diffamierenden Inhalten wird nun nachgegangen, per Video sollen die Übeltäter ausgeforscht werden. Seit Montag ist eine eigene Ermittlungskommission mit der Aufarbeitung des Geschehens beauftragt, bislang steht die Bilanz bei 28 Strafanzeigen. Allerdings geriet auch die Polizei in die Kritik. Aus Leipziger Fankreisen wurde das Fehlen eines Sicherheitskonzepts bemängelt, die Partie war lediglich mit der Warnstufe Gelb und nicht als Risikospiel – wie etwa das Revierderby gegen Schalke – eingestuft. „Mit diesem Exzess war nicht zu rechnen“, rechtfertigte Wendt das vorhandene Aufgebot.

Sanktionen drohen Dortmund auch vom DFB-Sportgericht. Geldstrafe und Geisterspiele erscheinen als das Minimum, zumal der Klub nach einem Pyrotechnik-Vorfall unter Bewährung spielt.

Die Rolle von BVB-Chef Watzke

„Wir werden alles in unserer Kraft Stehende tun, um diesen Dingen ein für alle Mal einen Riegel vorzuschieben“, bekräftigte Dortmunds Geschäftsführer, Hans-Joachim Watzke. Die Rolle des 57-Jährigen wird ebenfalls kontrovers diskutiert, mit provokanten Aussagen gegen Red Bull („Da wird Fußball gespielt, um eine Getränkedose zu performen“) hat er nicht gerade deeskaliert. Ihm jetzt das Fehlverhalten einiger Problemanhänger anzulasten wäre dennoch eine allzu billige Ausrede. Insbesondere, da die BVB-Führung zuletzt hart gegen die vergleichsweise kleine, aber einflussreiche Ultra-Fanszene durchgreift. Die Ausschreitungen könnten gar eine Art Vergeltungsschlag gewesen sein, wird in Dortmunder Kreisen gemutmaßt.

Trainer Thomas Tuchel distanzierte sich im Namen der Mannschaft „von jeder Form von Gewalt“, betonte zugleich vor dem Heimspiel gegen Hertha: „Ich weigere mich, die Süd jetzt mit anderen Augen zu sehen. Bei aller Aufklärung sollte es keine Pauschalverurteilung geben.“ (swi)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2017)

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