Wie Trump die nächste Finanzkrise heraufbeschwört

Der Rest der Welt seufzt unisono: Die Wall Street wieder von der Leine zu lassen, sei keine gute Idee. Die Wall Street selbst aber hat Grund zum Feiern.
Der Rest der Welt seufzt unisono: Die Wall Street wieder von der Leine zu lassen, sei keine gute Idee. Die Wall Street selbst aber hat Grund zum Feiern. (c) APA/AFP/GETTY IMAGES/SPENCER PLATT (SPENCER PLATT)
  • Drucken

Indem der US-Präsident die Bankenregulierung seines Vorgängers Obama demontiert, setzt er das globale Finanzsystem neuen Risken aus. Dabei hatte die rasche Aufstockung der Kapitalbasis die US-Banken strategisch gestärkt. Sie jetzt von der Leine zu lassen, könnte rasch eine gefährliche Kreditblase aufblähen.

Die Stimmung war bestens, beim Treffen im Dining Room des Weißen Hauses. Donald Trump hatte ein Beratergremium aus Unternehmern und Bankchefs geladen, um über einen weiteren Schlag gegen eine Reform seines Vorgängers zu informieren: den Dodd-Frank Act, mit dem die Regierung Obama die Banken bändigen und die Gefahr einer globalen Finanzkrise wie 2008 eindämmen wollte. Was der neue US-Präsident davon zu halten hat, hatte er sich von einem der Anwesenden einflüstern lassen: „Niemand kann mir so viel über Dodd-Frank erzählen wie Jamie“. Das Kompliment galt Jamie Dimon, dem Herrn über JP Morgan, der größten Bank der USA. Den Auftrag, das Gesetzespaket zu demontieren, gab Trump aber Gary D. Cohn. Dieser oberste Wirtschaftsberater kommt von Goldman Sachs. Ebenso wie der nominierte Finanzminister, sein wichtigster Geldbeschaffer im Wahlkampf. Das Wall-Street-Trio hat sein Ziel erreicht: Seit Freitag, dem 3. Februar, sind die Tage des für sie so lästigen Regelwerks gezählt.

Noch am selben Abend unterschrieb Trump zwei entsprechende Dekrete. Über die ganze vergangene Woche verteilt hagelte es Warnungen, vor allem aus Europa. Erst langsam wurde Notenbankern, Politikern und Ökonomen bewusst, was diese radikale Kehrtwende bedeutet: ein Ende des globalen Schulterschlusses für schockresistente Banken – und zugleich die Gefahr einer US-Kreditblase als Keimzelle einer neuen Finanzkrise.
Was Trump an Dodd-Frank so stört, erklärte er im Dining Room so: „Ich kenne so viele Leute, Freunde von mir, die hatten schöne Geschäfte, und sie können sich einfach kein Geld mehr leihen“. Dass die Regulierung den Kreditfluss ausgetrocknet habe, kann aber getrost zu den „alternativen Fakten“ gezählt werden. Die Kreditvergabe an Firmen stieg 2016 um 7,3 Prozent, stärker als vor Inkrafttreten des Gesetzes. In Befragungen klagen nur vier Prozent der kleinen Betriebe über zu wenig Darlehen – ein historischer Tiefststand.

Vage Dekrete. In einem Punkt aber hat Trump recht: Am „Too Big to Fail“ hat die Regulierung wenig geändert. Der Anteil der Großbanken ist auf über 50 Prozent geklettert. Ziel war: Wenn ein systemisch relevantes Institut in Schieflage gerät, soll nicht mehr der Steuerzahler einspringen müssen. Ob die dafür eingeführten „Testamente“ der Banken das auch bei einem allgemeinen Crash absichern, ist mehr als fraglich. Trump will die Abwicklung wasserdicht machen. Wie, verrät er nicht. Aber immerhin hält er an dieser Lektion aus dem Beinahe-Kollaps von 2008 fest. Alle anderen aber wischt er forsch vom Tisch. In den Dekreten lässt sich das nur zwischen den Zeilen lesen. Sie bleiben vage: Aufsichtsbehörden und Ministerien sollen Dodd-Frank prüfen. Das Gesetz sei so zu ändern, dass es „Kernprinzipien“ genügt.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

FILES-SWITZERLAND-BANKING-CREDITSUISSE
Geld & Finanzen

Studie: Risiko von Europas Bankensektor heute höher als vor Basel-Regeln

Die Amerikaner und Briten setzten Basel I den Abbau von stillen Reserven durch und brachten damit eine Gleichbehandlung mit ihren eigenen Banken.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.