Auflagen für ATV-Verkauf werden verschärft

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ATV-VERKAUF(c) APA (GEORG HOCHMUTH)
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Der Medienkonzern ProSiebenSat.1Puls4 darf den Privatsender ATV übernehmen, es wird keinen Prüfungsantrag ans Kartellgericht geben.

Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) gibt grünes Licht für den Verkauf von ATV an ProSiebenSat.1Puls4. Sie stellt keinen Prüfungsantrag ans Kartellgericht, teilte die BWB am Donnerstagabend mit. Man habe aber "deutliche Verschärfungen zu den ursprünglich vorgelegten Auflagen" vereinbart, um den Bedenken, die im Stellungnahmeverfahren von anderen Marktteilnehmern geäußert wurden, Rechnung zu tragen.

Der ATV-Käufer ProSiebenSat.1Puls4 hat in einer knappen Stellungnahme auf die Entscheidung der Bundeswettbewerbsbehörde reagiert. "Die heutige Freigabe der zuständigen Behörden stellt einen wichtigen nächsten Schritt für den Abschluss der Transaktion dar", hieß es. Bevor alles unter Dach und Fach ist, will man sich aber nicht weiter äußern.

"Hart an die Grenze"

Allerdings wurde noch betont, dass man bei den Verhandlungen über weitere Auflagen "an die Grenzen dessen gegangen ist, was mit Blick auf die erforderliche Sanierung von ATV möglich war". Diese nämlich habe es "sehr schwierig gemacht, zusätzliche Auflagen zu verhandeln und zu akzeptieren".

Die zusätzlichen Auflagen für die Übernahme von ATV durch ProSiebenSat.1Puls4 schreiben unter anderem vor, dass Werbung bei ATV auch "weiterhin eigenständig gebucht werden" kann. Im redaktionellen Bereich wird eine Pflicht von ATV-Nachrichten auch an Wochenenden und Feiertagen festgeschrieben. Die Gesamtdauer der Auflagen wurde verlängert, wenn auch nicht beträchtlich.

In der ursprünglichen Zusammenfassung der "Verpflichtungszusagen" für den Deal hieß es noch, dass diese "für eine Periode von 5 Jahren ab Wegfall des Durchführungsverbots" gelten, was wohl der Frühling 2022 gewesen wäre. Nun wird festgelegt, dass die Auflagen bis Ende 2022 einzuhalten sind.

Der Punkt "Werbemarkt" ist in der aktualisierten Version deutlich umfangreicher geworden. Mit der Bestimmung, dass ATV weiter "eigenständig" zu buchen ist und "ein Direktkunde Anspruch hat, dass eine eigenständige Rabattstaffel zur Anwendung gelangt", soll gewährleistet werden, dass Werbetreibende künftig nicht auch Werbezeit auf Puls 4 kaufen müssen, nur um auf ATV präsent zu sein, wird erläutert.

Keine Kampfpreise

Außerdem wird ATV "im Gesamtjahresschnitt seine Werbezeit im Vergleich zum Vorjahr in nur einem geringen Ausmaß erhöhen", erläuterte die BWB in ihrer Aussendung, wobei der genaue Prozentsatz ein "Geschäftsgeheimnis" darstellt. Damit will man dem "Vorwurf" entgegentreten, dass ProSiebenSat.1Puls4 künftig die gesetzliche Gesamtwerbezeit gänzlich ausreizen und "deshalb versuchen könnte, Werbekunden mit Kampfpreisen anzulocken".

Die zusätzlichen Auflagen sehen zudem vor, dass Naturalrabatte für Buchungen auf ATV auch nur "auf den Sendern von ATV" konsumiert werden dürfen. "Durch die Auflage wird verhindert, dass kostenlose Werbezeit, die als Naturalrabatt für die Buchung von ATV gewährt wurde, nicht auf anderen, unter Umständen vom Werbekunden nicht gewünschten Sendern" verwendet wird, so die BWB.

Im Programmbereich verbieten die Auflagen nun auch ein "Durchschalten der 'Puls4-News' und anderen Nachrichtensendungen der Pro7-Gruppe statt 'ATV Aktuell' auf ATV" am Wochenende und an Feiertagen. Bedenken einer Beeinträchtigung der Medienvielfalt durch die Übernahme soll auch eine neue Bestimmung gegen eine "Blockbildung" der Sender in den Voreinstellungen der Kabelnetzbetreiber ausräumen. Und schließlich wird festgehalten, dass ATV HD an den HD-Standard der übrigen Sender der Gruppe angehoben wird, aber jedenfalls bis Ende 2020 über als Free-TV via Satellit zu beziehen ist.

Düstere wirtschaftliche Lage

Wie schon in der ersten Auflagen-Auflistung zeichnet die BWB ein düsteres Bild von der wirtschaftlichen Lage von ATV. "ATV befindet sich in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten und ist ein Sanierungsfall. Für eine erfolgreiche Sanierung bedarf es weitreichender Restrukturierungsmaßnahmen", heißt es. In der Pressemitteilung am Donnerstag wurde ergänzend festgehalten: Noch weitere Verschärfungen im Bereich des Werbemarkts erschienen "den Amtsparteien nicht zielführend, da dies die erforderliche Sanierung von ATV und somit den Bestand von ATV gefährden würde. ATV schreibt seit mehreren Jahren konstante und hohe operative Verluste." Alle Auflagen gelten für ATV, aber nicht für ATV II.

Seit der geplante Zusammenschluss angemeldet und die ursprünglich vereinbarten Auflagen publiziert wurden, hatte es in der Branche teils deutliche Kritik am Verfahren gegeben. Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) befürchtete eine "Gefahr für die Medienvielfalt", der RTL-Vermarkter IP-Österreich eine "Marktverengung", der ORF "Dumpingpreise" am Werbemarkt.

Der Darstellung, dass ATV ohne einen Verkauf an ProSiebenSat.1Puls4 nicht zu retten sei, traten wiederum Player entgegen, die selbst Interesse am Sender bekundet hatten: Das waren Mediaprint/RTL sowie Wolfgang Fellners "Österreich"-Gruppe. Noch am Mittwoch hatte "Österreich" berichtet, dass die BWB diese potenziellen Bewerber per Bescheid aufgefordert hatte, "detaillierte Unterlagen vorzulegen", so die Zeitung. Doch Verschwiegenheits-Klauseln würden sie daran hindern, Details über die Verhandlungen mit Noch-ATV-Eigentümer Herbert Kloiber preiszugeben.

(APA)

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