Frankreich: Russland-Connection belastet Fillon

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Gegen den konservativen Präsidentschaftskandidaten wird nun auch noch wegen schweren Betrugs ermittelt. Zudem soll er als Parlamentarier laut Medien Geschäftskontakte für Putin vermittelt haben.

Paris. Normalerweise hätte der Rücktritt des sozialistischen Innenministers am Dienstag die schwierige Situation des konservativen Präsidentschaftskandidaten François Fillon erleichtern müssen: Denn Bruno Le Roux stolperte ebenfalls über eine Affäre um Scheinbeschäftigungen – als Abgeordneter soll er seine beiden Töchter für angebliche Ferienjobs als parlamentarische Assistentinnen angestellt und generös bezahlt haben.

Fillon hatte bestimmt gehofft, dass dieser Skandal auf der politischen Gegenseite von seinen eigenen Problemen ablenken würde. Der Politiker soll seine Frau als Assistentin angestellt und mit öffentlichen Geldern bezahlt haben, ohne dass sie jemals ihren Job angetreten habe. Doch die Sozialisten agierten geschickt: Da die Staatsanwaltschaft eine Voruntersuchung angeordnet hatte, trat Le Roux als Minister unverzüglich zurück, um die Regierung nicht zu belasten. Staatspräsident François Hollande, der Le Roux durch den bisherigen Handelsminister, Matthias Fekl, ersetzte, forderte von allen hohen Amtsträgern „exemplarisches Verhalten“.

Die Sozialisten können sich nun damit brüsten, zumindest Konsequenzen zu ziehen, wenn eines ihrer Mitglieder nicht „sauber“ ist. Denn im Unterschied zu Le Roux beharrt Fillon darauf, trotz der laufenden Ermittlungen und ihm drohender Anklagen an seiner Kandidatur festzuhalten. Hinzu kommt, dass sich die Liste der Probleme nun massiv verlängert: Die Aufdeckerzeitung „Canard enchaîné“ veröffentlichte gestern Dokumente, laut denen Fillon als Parlamentarier für die Erdölgesellschaft Total Treffen mit Russlands Staatschef Wladimir Putin vermittelte, dafür gut bezahlt wurde und auch als Vermittler bei Putin tätig war.

Und auch die Justiz erhebt nun neue, schwere Vorwürfe gegen den Konservativen: Gegen Fillon wird nun auch wegen „schweren Betrugs“ und „Fälschung“ ermittelt. Demnach soll das Ehepaar Fillon angeblich Dokumente gefälscht haben, mit denen der Polizei belegt werden sollte, dass die Gattin tatsächlich gearbeitet habe.

Fillon ging in die Defensive: Er versicherte, alle Unterlagen seien „authentisch“. Auch Putin ließ mitteilen, er brauche keine Vermittler (wie Fillon) für geschäftliche Verhandlungen. Ein echtes Dementi zugunsten von Fillon ist das aber nicht.

Wahlverschiebung eine Option

Fillon hat sein eigenes politisches Lager bereits in größte Schwierigkeiten gebracht, indem er partout an der Kandidatur festhielt. Der konservative Kandidat, der ursprünglich als Favorit galt, befindet sich in Umfragen im freien Fall: Mit rund 17 Prozent Zustimmung liegt er weit hinter dem zentristischen Emmanuel Macron und der Rechtsaußen, Marine Le Pen (je rund 25 Prozent), zurück.

Die Ernennung eines neuen Kandidaten ist nun nicht mehr möglich. Sollte der wachsende Druck Fillon nun doch zum Rücktritt zwingen, könnte theoretisch die Wahl um ein paar Wochen verschoben werden: Laut Verfassung wäre dieser Schritt nach dem Ausfall eines Kandidaten möglich. Die Autoren der Verfassung hatten dabei aber wohl eher an einen plötzlichen Todesfall gedacht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.03.2017)

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