ÖGB-Chef Foglar: "Sind eines der flexibelsten Länder bei Arbeitszeit"

OeGB-KONGRESS: FOGLAR
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Bei der Diskussion um die Arbeitszeiten gehe es "in Wahrheit um die Reduzierung der Kosten in Form von Reduzierung der Überstundenzuschläge", sagte Foglar..

Die Regierung hat in ihrem überarbeiteten Regierungsprogramm Ende Jänner die Themen Arbeitszeitflexibilisierung und Mindestlohn-Erhöhung den Sozialpartnern überlassen und ihnen eine Frist bis Ende Juni gesetzt. Sollte es zu keiner Einigung kommen, will die Regierung selbst aktiv werden. Beim von der ÖVP forcierten Thema Arbeitszeitflexibilisierung pocht ÖGB-Präsident Erich Foglar auf die Beibehaltung der Überstundenzuschläge. "Entgeltreduzierung hat für uns nichts mit Flexibilisierung zu tun." Bei der Arbeitszeitflexibilisierung gehe es einerseits darum, auf Kundenwünsche und Bestellungen rasch reagieren zu können, aber andererseits auch um mehr Zeitsouveränität für die Beschäftigten und um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Der ÖGB-Chef wies Kritik an vermeintlich starren Arbeitszeiten in Österreich zurück. Der 12-Stunden-Tag sei in verschiedenen Fällen bereits möglich, aber das sei eine Höchstgrenze. Auch gebe es in Österreich Unternehmen mit bis zu 160 unterschiedlichen Arbeitszeitformen in ihrem Betrieb. "Wir sind eines der flexibelsten Länder bei der Arbeitszeit. Die Überstundenleistungen müssen aber natürlich bezahlt werden." Nach Ansicht des Spitzengewerkschafters geht es bei der Diskussion um die Arbeitszeiten "in Wahrheit um mehr Weisungsbefugnis für die Arbeitgeber und die Reduzierung der Kosten in Form von Reduzierung der Überstundenzuschläge".

Foglar: Mindestlohn bis spätestens 2020

Foglar zeigt sich zuversichtlich, dass sich die Gewerkschaft mit der Wirtschaftskammer auf einen kollektivvertraglichen Mindestlohn von 1.500 Euro brutto einigen wird. "Wir gehen davon aus, dass wir eine Lösung zustande bringen könnten. Aber es hängt auch vom Verhandlungspartner ab", sagte Foglar im APA-Interview.

Bei Frisiersalons, in der Textilwirtschaft, Gastronomie und Hotellerie hat es laut Foglar kürzlich "sehr gute Vereinbarungen" in Richtung 1.500 Euro brutto gegeben. In der Gastronomie steigt der gesetzliche Mindestlohn von derzeit 1.420 auf 1.500 Euro brutto im Mai 2018. Ein genaues Datum bis wann in allen Branchen mindestens 1.500 Euro bezahlt werden soll, wollte Foglar nicht nennen. "Eine Zahl jenseits der 2020 sollte es aber nicht sein."

Mieten steigen stärken als Inflation

Dringenden Handlungsbedarf sieht der ÖGB-Präsident am Mietmarkt und fordert außerdem Steuern auf Erbschaften, Schenkungen und Roboter. "Es ist ein Riesenproblem, dass die Mieten viel stärker steigen als all die anderen Preise", sagte der Spitzengewerkschafter zur APA. Die Politik solle über eine Mietpreisbremse nachdenken, "aber nicht als einzige Maßnahme". Die Mieten sind laut Statistik Austria im Jahr 2016 im Vergleich zum Jahr davor um 3,1 Prozent gestiegen, die allgemeine Inflation (Verbraucherpreisindex) lag hingegen nur bei plus 0,9 Prozent. Der Mangel an günstigen Grundstücken ist für Foglar einer der Hauptgründe, warum der Bau von leistbaren Wohnungen in Österreich so schwierig geworden ist.

Weiteren Handlungsbedarf für die Politik sieht der ÖGB-Chef beim Thema Steuern. "Eine Erbschafts- und Schenkungssteuer ist sinnvoll, gerecht und notwendig. Vor allem wenn man die Einnahmen für die Pflege verwendet." Dies wäre ein fairer Generationenausgleich. Bereits jetzt müssten Familien mit pflegebedürftigen Angehörigen das potenzielle Erbe für die Pflegekosten aufbrauchen, nur 4.000 Euro würden verschont bleiben. "

Erbschaften steigen an

Laut Expertenmeinung findet in den nächsten Jahren und Jahrzehnten ein beträchtlicher Vermögenstransfer innerhalb der österreichischen Gesellschaft statt. "Die Daten der OeNB lassen erwarten, dass der Vermögenstransfer über Erbschaften in den nächsten zwei Jahrzehnten von jährlich 12 Mrd. Euro (2015) auf über 20 Mrd. Euro (2035) ansteigen wird", heißt es im Sozialbericht 2016 des Sozialministeriums. Der ÖGB-Chef will noch nicht über konkrete Erbschaftssteuer-Modelle diskutieren. Es gehe vielmehr darum, "eine sachliche Diskussion emotionslos zu führen und nicht Diskussionsverweigerung zu betreiben".

Auch rund um das Thema Robotersteuern ortet Foglar wenig Diskussionsbereitschaft. Als Beispiel führte der Spitzengewerkschafter einen Autobauer an: Die Arbeitsstunde koste dort beispielsweise 40 Euro, eine Roboterstunde hingegen nur zwischen 8 und 12 Euro und der Roboter zahle keine Sozialversicherungsbeiträge. Die Finanzierung der sozialen Sicherheit steht damit auf dem Spiel, warnt der Gewerkschafter. "Der Glaube, dass ein paar Jobs wegen Robotern wegfallen und ein paar neue dazukommen, ist ein Irrglaube."

(APA)

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