Experten des Bundeskriminalamts kritisieren, dass der Entwurf zur Vorratsdatenspeicherung die Fahndung nach Pädophilen behindern könnte.
Wien (awe). Vielen Kritikern geht der Plan der Regierung zur Speicherung von Kommunikationsdaten (siehe oben) unter dem Hinweis auf die bürgerlichen Grundrechte zu weit. Teile der Exekutive jedoch sagen, der Plan geht nicht weit genug. Eine dieser Abteilungen ist die Meldestelle für Kinderpornografie im Bundeskriminalamt (BK).
Fahnder Harald Gremel glaubt sogar, dass der Gesetzesentwurf und seine Auslegung im Justizministerium seine Arbeit massiv behindern könnten. Zum einen befürchtet er, dass die mit sechs Monaten befristete Speicherdauer für Ermittlungen im Kinderpornomilieu zu kurz sein könnte. Er begründet das damit, dass die großen Kinderpornofälle fast immer eine internationale Dimension haben. In der langen Kette von Amtshilfeersuchen, internationalen Barrieren und Ansuchen um richterliche Beschlüsse ist es laut Gremel durchaus denkbar, dass am Ende der Fahndungskette jene Daten, die die Kinderpornohändler letztendlich identifizieren, einfach nicht mehr verfügbar sind, weil das Verfahren entsprechend lange dauerte.
Was ist „schwere Straftat“?
Noch schwerer wiegt die Befürchtung des Bundeskriminalamts, dass bei bestimmten Kinderpornodelikten die gesammelten Daten gar nicht ausgewertet werden dürfen. Hintergrund: Die entsprechenden Internetverbindungsdaten dürften nach dem Entwurf des Verkehrsministeriums nur dann herausgegeben werden, wenn der Verdacht auf eine „schwere Straftat“ besteht. Was eine schwere Straftat ist, darüber scheiden sich in diesem Zusammenhang noch die Geister.
In vorangegangenen Diskussionen war davon die Rede, dass schwere Straftaten mit Höchststrafen von wenigstens fünf Jahren bedroht sein müssen. Momentan diskutieren Verkehrsministerium, Justizministerium und das Ludwig Boltzmann-Institut für Menschenrechte über ein bis drei Jahre. Gremel: „Ein großer Teil der Kinderpornokonsumenten wäre dann vor unserer Verfolgung sicher.“ Das Betrachten pornografischer Darstellungen Minderjähriger (14 bis 18 Jahre) ist mit bis zu einem Jahr Haft bedroht, bei Darstellungen von unter 14-Jährigen drohen bis zu zwei Jahre Gefängnis.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2009)