Staatsoper: Das ganz normale Leben und seine Grausamkeit

(c) Staatsoper/Pöhn
  • Drucken

Janáčeks „Kátja Kabanová“, diesmal mit Angela Denoke, Misha Didyk und Jane Henschel, lässt keinen kalt.

Die Musik von Leoš Janáček ist von äußerster Knappheit und Konzentration. Sie klingt, als lege sie den Finger auf die wundesten Punkte der menschlichen Existenz. Das gelingt dem mährischen Komponisten, weil er seine musikalischen Zeichen direkt aus sprachlichen Wurzeln schöpft. Seine Motive entstehen aus Lautmalerei, aus Rufen, Angst- oder Freudenlauten. Damit agiert er wie ein Analytiker, lässt Klänge arbeiten, keimen, wachsen; sie können sich wie Ideen, Vorstellungen, Visionen ans Äußerste dehnen – und dann jäh zerplatzen, ins Nichts zurücksinken.

An den emotionalen Höhepunkten ließe sich gut innehalten, im romantischen Sinne schwelgen – doch wird diese Musik erst dann zum Spiegel der Grausamkeit menschlicher Existenz, wenn man sie senza complimenti realisiert, wie sie geschrieben ist. Der junge Tomáš Netopil ist dafür Sinne Janáčeks kompromissloser Anwalt; und das Staatsopernorchester führt das beängstigend reiche Kaleidoskop an Farben und Gesten von den zartesten Gefühlen bis zur brachialen Wut ungeschminkt vor. Ein virtuoser Akt, bei dem kleine Blessuren die Ausnahmen darstellen, die die atemberaubende Musiktheater-Regel bestätigen – wie etwa, dass die Solo-Bratschen bei der letzten Begegnung des Liebespaars nicht nur auf die empfohlene Verwendung der Viola d'amore verzichten, sondern auch den wichtigsten Einsatz verschustern . . .

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.