Offener Welthandel? USA skeptisch

Deutschlands hoher Exportüberschuss ist US-Finanzminister Steven Mnuchin (links) und US-Präsident Donald Trump ein Dorn im Auge.
Deutschlands hoher Exportüberschuss ist US-Finanzminister Steven Mnuchin (links) und US-Präsident Donald Trump ein Dorn im Auge.(c) REUTERS (AARON P. BERNSTEIN)
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Die Teilnehmer am IWF-Treffen konnten sich zu keiner klaren Absage an den Protektionismus durchringen. Die USA kritisieren indes Deutschland scharf.

Washington. In Sachen Welthandel stimmen die USA härtere Töne an. US-Finanzminister Steven Mnuchin rügte Deutschland bei der IWF-Frühjahrstagung in Washington wegen der hohen Exportüberschüsse. Das Treffen war das erste, seit Donald Trump zum neuen US-Präsidenten gewählt wurde.

„Nach unserer Ansicht sind exzessiv hohe Exportüberschüsse, genauso wie Exportdefizite, nicht dienlich, um ein freies und faires Handelssystem zu unterstützen“, heißt es in einem Statement Mnuchins, das er am Samstag bei der Sitzung des Steuerungskomitees des Internationalen Währungsfonds einbrachte. Deutschland hatte im vergangenen Jahr einen Rekordüberschuss in seiner Handelsbilanz erwirtschaftet.

Lagarde kritisiert Deutschland

IWF-Chefin Christine Lagarde forderte ebenfalls, Deutschland müsse die Mittel reinvestieren und für Wachstum sorgen. Auch aus Frankreich kamen kritische Töne. Der deutsche Finanzminister, Wolfgang Schäuble, hatte im Vorfeld die deutsche Linie mit dem Hinweis verteidigt, die Nachfrage nach Produkten made in Germany sei hoch und die heimische Wirtschaft sehr konkurrenzfähig.

Mnuchin meinte indes, Länder mit großen Exportüberschüssen und gleichzeitig geordneten öffentlichen Haushalten hätten eine besondere Verantwortung, zu einer robusten Weltwirtschaft beizutragen, indem sie Wachstum fördern und helfen, die weltweite Balance wiederherzustellen.

Der US-Finanzminister machte ferner deutlich, dass die USA an ihrer kritischen Haltung gegenüber mehr internationaler Vernetzung festhalten. „Gemeinsam mit unseren innenpolitischen Reformen werden wir eine Ausweitung des Handels mit den Partnern fördern, die sich zu marktwirtschaftlichem Wettbewerb bekennen“, sagte Mnuchin. Zugleich werde man sich noch rigoroser gegen unfaire Handelspraktiken verteidigen.

Schäuble hatte sich zuvor während der IWF-Frühjahrstagung in Washington um Schadensbegrenzung bei dem Streitthema bemüht. Er hielt sich mit Vorwürfen protektionistischer Tendenzen in Richtung Washington zurück und gab sich optimistisch, dass bis zum G20-Gipfel im Juli eine einvernehmliche Linie bei der Handelspolitik erreicht werden könne.

IWF und Weltbank hatten sich bei ihrer Frühjahrstagung mehrmals zu freiem Handel bekannt und Protektionismus, wie er zuletzt in den USA unter Präsident Donald Trump verstärkt diskutiert wird, eine Absage erteilt. „Protektionismus ist schlecht für die betroffenen Länder, und er ist schlecht für die Weltwirtschaft“, sagte Schäuble. Allerdings wurde im Abschlusskommuniqué die erwartete Absage an „jede Art von Protektionismus“, wie sie nach der Herbstsitzung im vergangenen Oktober noch enthalten war, nicht aufgenommen. Auch zum Klimaschutz findet sich keine Passage.

IWF-Chefin Christine Lagarde bemühte sich um ein Glätten der Wogen. Die beschlossene IWF-Politik enthalte zahlreiche Verweise zum Klimaschutz.

In dem Papier findet sich auch ein Bekenntnis zu einer besseren Verteilung von Wohlstand und einer Unterstützung von Entwicklungsländern. Es gehe darum, die Früchte der Globalisierung besser zu verteilen: innerhalb der einzelnen Länder, unter den Ländern und über Generationen hinweg. Lagarde ist vorgeworfen worden, sich zu stark dem Willen der US-Administration zu beugen. Die USA sind größter Anteilseigner des IWF.

In der Debatte um finanzielle Hilfe für Griechenland gab es eine vorsichtige Bewegung, nachdem die griechische Statistikbehörde in Athen einen Primärüberschuss – das ist der Haushaltsüberschuss ohne die Kosten für den Schuldendienst – für 2016 von 3,9 Prozent ankündigte. „Das ist deutlich über dem, was wir vorhergesagt haben, und über dem, was alle vorhergesagt haben“, sagte IWF-Europachef Poul Thomsen.

Debatte um Griechenland

Für eine Beteiligung des IWF am neuen Rettungspaket für Griechenland müssten aber noch viele Gespräche geführt werden, so Thomsen. Es gehe um die Frage, wie lang ein solch hoher Primärüberschuss aufrecht bleiben solle. „Wir glauben, nicht allzu lang“, sagte Thomsen. Ein hoher Primärüberschuss stehe einer Förderung von Wirtschaftswachstum entgegen. Griechenland müsse vielmehr seine Volkswirtschaft neu strukturieren, nicht nur auf schnellen Schuldenabbau und Bedienung der Zinsen setzen. (ag./red.)

AUF EINEN BLICK

Die internationale Finanzelite trifft sich zweimal im Jahr beim Internationalen Währungsfonds (IWF) und bei der Weltbank in Washington. Das Treffen, das am Wochenende über die Bühne ging, war das erste seit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten. Trump hatte in den ersten Monaten seiner Amtszeit oft protektionistische Töne angeschlagen und mit Strafzöllen gedroht. Das Treffen stand ganz im Zeichen der Debatte um freien Handel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.04.2017)

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