Arbeitsmarkt

Lohndumping durch Osteuropäer nimmt zu

Im Vorjahr ist die Zahl der ausländischen Arbeitskräfte, die nach Österreich entsendet wurden, deutlich gestiegen. Die Wirtschaftskammer und die Arbeiterkammer verlangen nun effektivere Kontrollen.

Wien. Immer mehr ausländische Arbeitskräfte arbeiten in Österreich zu Dumpinglöhnen. So haben etwa auf einer Großbaustelle vor dem Wiener Hauptbahnhof Bauarbeiter aus Spanien und Portugal täglich bis zu elf Stunden gearbeitet. Auftraggeber war eine Firma aus der Slowakei, die im Internet nach Arbeitskräften suchte.

Vom Arbeitsvertrag existierten eine deutsche und slowakische Version, die inhaltlich völlig unterschiedlich waren. Ob die Spanier und Portugiesen in der Slowakei sozialversichert waren, lässt sich kaum kontrollieren. Der Bauherr war ein bekannter österreichischer Baukonzern, der eine andere Firma mit den Arbeiten beauftragte. Diese schloss Verträge mit einem ausländischen Subunternehmen. In der Rechtsberatung der Arbeiterkammer Wien zeigt sich, dass viele Arbeitskräfte, die in Österreich für eine ausländische Firma tätig sind, nur ein Drittel jenes Entgelts erhalten, das ihnen aufgrund des österreichischen Kollektivvertrags zusteht.

Immer mehr Strafanträge

Vor allem osteuropäische Unternehmen betreiben Lohn- und Sozialdumping. Sie entsenden dazu ausländische Arbeitskräfte nach Österreich. Im Vorjahr hat sich die Zahl der als Entsendung beziehungsweise Überlassung deklarierten Arbeitseinsätze von 149.000 auf 192.000 erhöht, wie Arbeiterkammer-Präsident Rudi Kaske am Dienstag vor Journalisten erklärte. Laut Gesetz sind die ausländischen Firmen verpflichtet, die entsendeten Mitarbeiter nach österreichischem Kollektivvertrag zu entlohnen, doch in vielen Fällen passiert das nicht. Zuletzt ist die Zahl der Strafanträge, die gegen ausländische Firmen verhängt wurden, deutlich gestiegen.

Besonders problematisch sind die Bereiche Bau und Verkehr. Erschwert wird laut Kaske die Kontrolle auch dadurch, dass jedes Bundesland eine eigene Bauordnung hat. Die Arbeiterkammer hat nun ein Schutzpaket mit Maßnahmen gegen den Missbrauch bei der Entsendung von ausländischen Arbeitskräften vorgelegt.

Auch die Wirtschaftskammer sieht Handlungsbedarf. Im Gegensatz zur Arbeiterkammer fordert die Wirtschaftskammer aber keine neuen Beschränkungen, sondern „effektive Kontrollen an den richtigen Stellen“. So werden auf Baustellen viereinhalb Mal so viele inländische Firmen kontrolliert als ausländische, kritisiert Wirtschaftskammer-Experte Martin Gleitsmann im „Presse“-Gespräch. Er ist dafür, dass die Kontrollen vor allem dort erfolgen, wo die Verstöße passieren: nämlich in Grenzregionen und am Wochenende.

Außerdem müsse die Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden verbessert werden. So haben die österreichischen Behörden Bußgelder in Millionenhöhe gegen ausländische Firmen verhängt, doch die Strafen können im Ausland kaum vollstreckt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2017)

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