„Die Partei Gruevskis stiftet Chaos“

Symbolbild Skopje.
Symbolbild Skopje.(c) imago/Danita Delimont (imago stock&people)
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Der Spitzenpolitiker der Liberalen und Bürgermeister des Zentrums der Hauptstadt Skopje, Andrej Žernovski, übt heftige Kritik an der bisherigen Regierung.

Die Presse: Wie kann das Chaos in Mazedonien beendet werden?

Andrej Žernovski: Wir hätten eine Mehrheit für eine neue Regierungskoalition, aber wir erhalten kein Mandat vom Staatspräsidenten. Er ist aus derselben Partei wie der frühere Premier und spielt das Spiel seiner Partei. Das ist eine Verfassungskrise, denn der Präsident handelt nicht so, wie er sollte.

Die Kritiker Ihres geplanten Koalitionsmodells aus Sozialdemokraten und Verbündeten sagen, dass dadurch die albanische Volksgruppe in Mazedonien mehr Macht erhalten würde.

In der Vergangenheit hat immer eine mazedonische mit einer albanischen Partei regiert. Auch die VMRO-DPMNE von Ex-Premier Gruevski hat mit albanischen Parteien koaliert. Dieses Mal wollten die albanischen Parteien aber nicht mehr mit ihm in eine Regierung, denn sie wurden von ihren Wählern dafür abgestraft, dass sie bisher mit der VMRO koaliert hatten. Das erste Mal haben nun Albaner in großer Zahl für eine mazedonische Partei gestimmt. Und das ist ein gutes Zeichen. Die Wähler sind reifer als viele Politiker.

Die VMRO wirft Ihnen auch vor, Albanisch zu einer zweiten Amtssprache machen und das Land nach ethnischen Kriterien aufteilen zu wollen.

Wir wollen eine faire lokale Entwicklung, und wir wollen die Gelder gerecht verteilen – egal, ob es sich um vor allem von Mazedoniern oder Albanern bewohnte Gebiete handelt. Es geht nicht um eine Konföderation oder etwas Ähnliches. Es geht darum, dass jeder dieselben Rechte hat. So werden wir ein stärkeres und nicht ein schwächeres Mazedonien erhalten. Unsere Gegner versuchen jetzt, die Karte der angeblichen interethnischen Probleme auszuspielen. So wie das auf dem Balkan immer geschieht, wenn es Krisen gibt – denn wir haben mehr Geschichte, als wir verdauen können.

Die VMRO hat auch gesagt, dass bei einem Regierungswechsel die Schließung der Balkanroute rückgängig gemacht werde und wieder zahlreiche Flüchtlinge nach Mitteleuropa kämen.

Das ist lächerlich. Warum sollten wir hier etwas ändern?

Fürchten Sie, dass die Proteste in Skopje zu noch gewalttätigeren Vorfällen führen könnten?

Das wird alles von Gruevski von der noch regierenden VMRO organisiert. Sie können nur an der Macht bleiben, wenn sie Chaos stiften. Denn wenn es einen friedlichen Übergang gibt, verlieren sie ihren Einfluss. Sie wollen wegen der Skandale, in die sie verwickelt sind, ihren eigenen Kopf retten.

Wenn es weiterhin keine Lösung gibt und der Staatspräsident eine Koalition mit den albanischen Parteien verhindert: Wie werden Sie dann reagieren?

Wir wollen geduldig sein. Obwohl es schon vor der Wahl massive Spannungen gab, haben wir gesagt: Wir wollen die Regierung mit einem Schreibstift verändern und nicht mit anderen Werkzeugen. Das hat die Bevölkerung bei der Wahl auch geschafft, und das ist ein sehr wichtiges Signal. Wir haben die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, denn sie versteht, was passiert. Die VMRO hat signalisiert, dass es nun Neuwahlen geben solle. Aber Neuwahlen werden nichts ändern. Sie würden nur die Krise verstärken. Wir haben neue Mehrheiten, und sie müssen das akzeptieren.

ZUR PERSON

Andrej Žernovski
ist Bürgermeister des Zentrums von Skopje. Er war lange Zeit Chef der Liberaldemokratischen Partei, die über ein Wahlbündnis mit den Sozialdemokraten alliiert ist. [ Akos Burg ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2017)

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