Tschechicher Regierungschef Sobotka tritt zurück

Babis (li.) und Sobotka konnten sich nicht mehr einigen.
Babis (li.) und Sobotka konnten sich nicht mehr einigen.REUTERS
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Die Koalition zwischen den Sozialdemokraten und ANO zerbricht an den Steuerbetrugsvorwürfen gegen ANO-Chef und Finanzminister Andrej Babis, der bei Neuwahlen die Nase vorne haben könnte.

Der tschechische sozialdemokratische Regierungschef Bohuslav Sobotka hat am Dienstag seinen Rücktritt und damit auch den Rücktritt der gesamten Regierung angekündigt. Grund seien Vorwürfe des Steuerbetrugs gegen Finanzminister Andrej Babis, der Vorsitzender des liberal-populistischen Koalitionspartei ANO ist.

Er werde sein Rücktrittsgesuch noch diese Woche dem Präsidenten Milos Zeman übergeben, erklärte Sobotka bei einer Pressekonferenz in Prag. Entscheidend ist nun, wie Staatspräsident Zeman auf den Rücktritt reagieren wird. Die Präsidentenkanzlei in Prag wollte die Entscheidung des Premiers zunächst nicht kommentieren.

Planmäßige Wahlen in fünf Monaten

Zeman kann das Rücktrittsgesuch Sobotkas annehmen oder ablehnen. Er könnte auch ein Expertenkabinett bis zum regulären Wahltermin einsetzen. In fünf Monaten stehen in Tschechien planmäßig Parlamentswahlen an.

Sobotka erklärte am Dienstag, es gebe nun zwei Möglichkeiten: entweder vorzeitige Parlamentswahlen, worauf sich jedoch die Parteien einigen müssten, oder die Fortsetzung der bisherigen Koalition, allerdings ohne Babis als Finanzminister.

Ausgelöst hatte den Rücktritt der Regierung ein heftiger Streit zwischen den beiden größten Koalitionspartnern ANO und Sozialdemokraten (CSSD). Sobotka wirft Babis seit längerem vor, dass dessen Holding Agrofert unter dem Verdacht der Steuerhinterziehungen stehe.

"Legale Steueroptimierung"

In der Affäre geht es um steuerfreie Schuldscheine, die der Milliardär und Unternehmer Ende 2012 seinem Unternehmen abgekauft hatte. Dies geschah kurz vor einer Gesetzesänderung, die das "Steuer-Schlupfloch" schließen sollte. Babis selbst verteidigte die Aktion als legale Steueroptimierung.

Als Unternehmer gehörte dem Milliardär Babis ein Firmenimperium, das mehr als 250 Unternehmen umfasste - darunter auch die großen Zeitungen "Mlada Fronta" und "Lidove noviny". Vor einiger Zeit gab er die Holding in einen Trust, dem seine Frau und Vertraute vorsitzen.

In Umfragen liegt die Partei ANO seit Monaten deutlich vor den Sozialdemokraten.

(APA)

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