Wie Christian Kern weiterregieren könnte

Christian Kern.
Christian Kern.(c) imago/SKATA (Karl Sch�ndorfer)
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Der Kanzler will zumindest offiziell keine vorzeitige Neuwahl. Doch welche Chancen hat er, wenn die ÖVP nicht mehr will?

Natürlich sei sein Angebot der „Reformpartnerschaft“ an die ÖVP „ernst gemeint“, betonte Bundeskanzler Christian Kern am Samstag. „Die Hand ist ausgestreckt“, erklärte er im ORF-Radio in Richtung des vermutlich neuen ÖVP-Chefs, Sebastian Kurz. Das zeigt einmal mehr die Taktik der SPÖ in der Regierungskrise. Kern will als jener dastehen, der weiterarbeiten möchte. Und so der ÖVP den Schwarzen Peter für eine mögliche Neuwahl zuschieben. Kern ist im Gegensatz zu Kurz ja bereits Kanzler – und er will das natürlich auch bleiben.

Dass die rot-schwarze Koalition nun einfach weitergeht, ist aber zumindest bei einem ÖVP-Obmann Kurz ein unrealistisches Szenario. Kurz will ausdrücklich Neuwahlen, nur bis dahin könnte eine rot-schwarze Regierung also noch Bestand haben. Aber auch ohne ÖVP könnte der Kanzler weiterregieren, insbesondere mit einer Minderheitsregierung. So könnte Kern der Opposition im Gegenzug für die Duldung anbieten, dass der Eurofighter-Untersuchungsausschuss weiterlaufen kann. Dieser müsste nämlich im Fall eines Neuwahlbeschlusses sofort beendet werden, obwohl er noch gar nicht richtig begonnen hat.

Eine Minderheitsregierung wäre für Kern aber auch ein Spiel mit dem Feuer. Jederzeit könnte die Opposition einzelne seiner Minister per Misstrauensvotum absetzen. Auch gegen die gesamte Regierung oder gegen den Kanzler selbst könnten sich die Misstrauensanträge richten. Als gestürzter Kanzler in eine Neuwahl zu gehen wäre für Kern noch unangenehmer, als diesen Schritt jetzt zu wagen.

Doch in der Regierung zu bleiben hätte für die SPÖ den Vorteil, Kurz nicht die Möglichkeit zu geben, nun gleich als neue Kraft in die Wahl durchzustarten. Je länger Kurz als Parteichef tätig ist, desto eher besteht die Gefahr, dass der neue Star der Volkspartei sich abnützt.

Neuwahl nur Frage der Zeit. Bleibt die Frage, ob Kern die nötigen Mehrheiten fände, um eine sofortige Neuwahl zu verhindern. Die FPÖ hat signalisiert, rasche Neuwahlen zu wollen. Schwarz-Blau hat aber nur 89 Mandatare, 92 wären für einen Neuwahlbeschluss nötig. Fehlt nur noch eine Fraktion. Das Team Stronach wolle keine Neuwahl, erklärte Klubobmann Robert Lugar am Samstag. Die Neos erachten einen Urnengang im Herbst zwar für nötig, wollen aber davor unbedingt noch einiges im Parlament beschließen. Die Grünen würden einem vorzeitigen Urnengang frühestens im Juni zustimmen, denn sie wollen zuvor noch etwas vom Eurofighter-U-Ausschuss haben.

Es ist also wohl nur eine Frage der Zeit, wann es zur Neuwahl kommt. Nach einem Neuwahlbeschluss kann der Urnengang frühestens drei Monate später stattfinden. Und nach der Wahl müsste Kern sich erst recht eine Mehrheit abseits der ÖVP suchen, um Kanzler zu bleiben. Denn an eine neuerliche rot-schwarze Koalition glaubt zumindest zum jetzigen Zeitpunkt auch in der SPÖ kaum noch jemand.

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