"Der Standard" auf Chefsuche

Alexandra Föderl-Schmid, Jahrgang 1971, war zehn Jahre Chefredakteurin des „Standard“.
Alexandra Föderl-Schmid, Jahrgang 1971, war zehn Jahre Chefredakteurin des „Standard“.(c) HERBERT NEUBAUER / APA
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Alexandra Föderl-Schmid verlässt nach 27 Jahren die Tageszeitung. Die Nachfolge ist noch offen. Die Redaktion hat Sorge, dass die Printausgabe langfristig in Gefahr ist.

Sie ist fast so lange für den „Standard“ tätig, wie es ihn gibt. Nach 27 Jahren verlässt die gebürtige Mühlviertlerin Alexandra Föderl-Schmid die Zeitung, wie der Verlag am Dienstag in einer Aussendung bekannt gab. Zuvor waren die Ressortleiter persönlich, die restlichen Mitarbeiter per Rundmail informiert worden. Ab 1990, also zwei Jahre nachdem Gründer Oscar Bronner das Blatt in Wien aufgebaut hatte, begann Föderl-Schmid in der Oberösterreich-Redaktion. Drei Jahre später wurde sie Korrespondentin in Berlin und Brüssel, 2006 übernahm sie das Wirtschaftsressort und wurde kurz darauf, im Juli 2007, mit 36 Jahren erste Chefredakteurin des „Standard“ – und überhaupt erste Chefredakteurin einer österreichischen Tageszeitung. Das engste Umfeld der reisefreudigen und vor allem international gut vernetzten Journalistin wurde von ihrem Abschied nicht wirklich überrascht. Schon rund um den Jahreswechsel soll sie sich entschieden haben, dem 2012 neu bezogenen Newsroom in Wien Mitte den Rücken zuzukehren. Was sie künftig machen wird, wurde am Dienstag nicht bekannt. Sie selbst war zu keiner Stellungnahme bereit.

Angeblich soll Oscar Bronners Sohn und mittlerweile Alleinvorstand, Alexander Mitteräcker, nicht auf die Bedingungen eingegangen sein, die Föderl-Schmid für eine weitere Zusammenarbeit gestellt habe. Sie habe eine Stärkung der Print- gegenüber den Digitalabteilungen gefordert, wie es vereinzelt heißt. Dabei sind die Teams 2013 zusammengelegt worden, es sollte also keine Unterscheidung mehr zwischen Print- und Online-Redakteurinnen gemacht werden. Dennoch spürt man, dass sich die einst reinen Print- und die ehemals reinen Onliner immer noch gleichermaßen benachteiligt und zu wenig wertgeschätzt fühlen. Nun besteht bei manchen die Sorge, mit Föderl-Schmids Abgang sei die Existenz der gedruckten Zeitung gefährdet. Andererseits sehen manche die Chance, das mit einer neuen Führung selbstbewusster an einem Ausbau digitaler Erlösmodelle gearbeitet werden könnte. Mitteräcker sagt zur „Presse“, man habe Stillschweigen über die Gründe vereinbart. Unterschiedliche Vorstellungen über die Ausrichtung von Print und Online und andere genannte Gründe seien aber „sicher nicht der Hintergrund“ gewesen, betont er. „Wir bedienen beide Kanäle, es liegt am Markt und jedem einzelnen Leser zu entscheiden, welchen er präferiert.“

Ein „Er“ oder eine „Sie“? Alles offen!

Dass Föderl-Schmid bis Ende August bleibt, obwohl ihr Vertrag schon Ende Juni endet, zeigt, dass der „Standard“ noch nach einem Chef sucht. Was Mitteräcker bestätigt: „Die Nachfolge ist tatsächlich offen, jetzt haben wir dreieinhalb Monate Zeit, den oder die geeignete Kandidaten/Kandidatin zu finden.“ Was muss der neue Chefredakteur mitbringen: Digitalerfahrung? Einen bekannten Namen? Aufdeckererfahrung? „Wir haben da keine Präferenz, er muss zur journalistischen DNA des Hauses passen“, sagt Mitteräcker und ergänzt wachsam: „Oder sie. Damit da nicht gleich ein Verdacht entsteht.“

Das Ratespiel um die Nachfolge hat schon längst begonnen, mit mehr oder weniger realistischen Namen, von Florian Klenk („Falter“), Anita Zielina (einst Vize-Chefin beim „Standard“, heute Digital-Chefredakteurin in der Geschäftsleitung der NZZ in Zürich), Eva Weissenberger (bis vor kurzem „News“) und Thomas Seifert (Vize-Chef der „Wiener Zeitung“). Als wahrscheinlichste Variante gilt derzeit eine interne Nachfolgelösung, auch da kursieren immer wieder dieselben Namen, von Chef vom Dienst Eric Frey bis Vize-Chefredakteur Rainer Schüller.

Der Text wurde online ergänzt und aktualisiert. In einer früheren Version des Textes war fälschlich von "mehr Durchgriff auf Digitalredakteure" die Rede, der Satz wurde gestrichen und genauer erklärt. 

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.05.2017)

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