Extreme Kunst: Der Mann, der einen Bären bewohnte

„Es war sehr schwierig, in diesem Bären zu wohnen“: Poincheval tat es 2014 fast zwei Wochen lang.
„Es war sehr schwierig, in diesem Bären zu wohnen“: Poincheval tat es 2014 fast zwei Wochen lang. ©Sophie LLOYD
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Warum brütet ein Mann Hühnereier aus, schließt sich in einem Felsblock ein, treibt als Flaschenpost die Rhône entlang und will auf den Wolken gehen? Ein Gespräch mit dem Extremkünstler Abraham Poincheval.

Er ist der stolze „Vater“ von neun Küken, geschlüpft im April und jetzt angeblich glückliche Hühner auf einem Bauernhof in der Normandie. Drei Wochen lang saß Abraham Poincheval dafür im Pariser Museum Palais de Tokyo auf einem Brutsessel in einem durchsichtigen Kasten, versorgt mit spezieller Nahrung und einer Decke, die für genau jene Wärme in seinem Körper sorgen sollten, die die Küken in ihren Eiern brauchten. Alle halben Stunden musste der Künstler wach sein, um Temperatur und Feuchtigkeit zu überprüfen. Pro Tag verließ er für eine halbe Stunde seinen Platz – ein kleines Zugeständnis an seine Psyche.

Lange Reglosigkeit, langes Eingeschlossensein und ausgesprochen originelle Versuchsanordnungen kennzeichnen die Aktionen des in Marseille lebenden Mittvierzigers. Nur wenige Wochen vor dem Eierausbrüten war Poincheval, ebenfalls im Palais de Tokyo, sitzend acht Tage lang in einem zwölf Tonnen schweren Felsbrocken aus Kalkstein eingeschlossen. Und vor dem Felsen gab es den Bären. Ein ausgestopftes Exemplar im Pariser Jagd- und Naturmuseum, in dem Poincheval 2014 dreizehn Tage lang lebte. Auch die Nahrung des Künstlers war den Ernährungsgewohnheiten eines Bären nachempfunden, er aß getrocknete Pilze, Körner, Insekten und Fisch.

Was François Hollande ihn fragte. „Es war sehr schwierig, in diesem Bären zu wohnen, und gerade das hat mich gepackt, wie beim Eier-Ausbrüten“, erzählt er im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“. „Vor dem Brüten habe ich mich sehr genau mit den technischen Bedingungen beschäftigt, ich wusste, wie hoch die Temperatur, die Feuchtigkeit sein muss. Trotzdem hatte ich keine Ahnung, ob je ein Küken schlüpfen würde.“ Auch ein prominenter Besucher kam zufällig vorbei, der damals noch amtierende Staatspräsident François Hollande. „Ich glaube, er war ebenso erstaunt, mich zu sehen, wie ich ihn. Dann hat er sich alles erklären lassen und am Ende eine durch und durch technische Frage gestellt, über die ich schmunzeln musste: ,Sind Sie sicher, dass es funktionieren wird?‘“

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