Dieselaffäre erwischt GM und Bosch

GM verbaute Dieselmotoren in seinen großen Pick-ups.
GM verbaute Dieselmotoren in seinen großen Pick-ups.(c) APA/AFP/GETTY IMAGES/JUSTIN SULLIVAN (JUSTIN SULLIVAN)
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Wer hat eigentlich bei den Dieselabgastests nicht manipuliert? Nach einer Reihe von europäischen Autobauern werden nun erstmals Vorwürfe gegen eine US-Autofirma laut.

Wien. Dass die Dieselabgasaffäre kein exklusiver VW-Skandal ist, ist bekannt. In Frankreich wird gegen Renault ermittelt, auch gegen den Autobauer PSA (Peugeot Citroën) gibt es Vorwürfe. In Deutschland hat die Exekutive vor wenigen Tagen mehrere Büroräumlichkeiten bei Daimler durchsucht, weil auch Mercedes bei den Abgastests getrickst haben soll. In den USA haben die Behörden am Dienstag eine Klage gegen Fiat eingebracht, auch der italienische Autobauer soll eine unerlaubte Abschaltvorrichtung verwendet haben. Jetzt trifft es auch einen US-amerikanischen Autobauer.

General Motors ist in den USA in der Nacht auf Freitag wegen des Vorwurfs der Manipulation bei Dieselmotoren verklagt worden. In der Klageschrift werfen mehrere Anwaltskanzleien dem Autobauer vor, ähnlich wie Volkswagen Abschaltvorrichtungen eingesetzt zu haben, um Abgastests zu bestehen. Betroffen sind Pick-up-Geländewagen der Typen Silverado und Sierra, die zwischen 2011 und 2016 gebaut wurden.

Die Anwälte vertreten nach eigenen Angaben mehr als 700.000 betroffene Kunden. Die Aktien des größten US-Autoherstellers fielen als Reaktion auf die Klage kurzzeitig um fast bis zu vier Prozent. GM-Sprecher Dan Flores sagte, die Vorwürfe seien haltlos. Die Pick-ups bestünden die Tests der US-Umweltbehörde EPA und erfüllten auch die besonders strengen kalifornischen Anforderungen.

Der Klage zufolge benutzte GM mindestens drei Abschaltvorrichtungen, um Abgastests zu bestehen. Unter realen Bedingungen stießen die Motoren aber zwei- bis fünfmal so viele gesundheitsschädliche NOx-Gase aus wie erlaubt. Die Kläger werden unter anderem von der Kanzlei Hagens Berman Sobol Shapiro vertreten, die schon im Fall VW aktiv war.

Bereits Anfang der Woche war der Streit zwischen FCA (Fiat Chrysler) und den US-Behörden eskaliert. Seit Jänner hatte die EPA von Manipulationen gesprochen, Fiat hatte diese Vorwürfe stets zurückgewiesen. Jetzt brachte das US-Justizministerium offiziell Klage ein. Fiat drohen in den USA Strafen bis zu 4,75 Milliarden Euro.

Auch in Europa wird Fiat Chrysler der Abgastrickserei verdächtigt. Zwischen Italien und Deutschland tobt ein Streit um möglicherweise gefälschte Schadstoffwerte. Die EU-Kommission leitete nun ein Vertragsverletzungsverfahren ein. Sie wirft Italien vor, Anschuldigungen gegen Fiat nicht angemessen nachzugehen. Bei den Vorwürfen in Europa und in den USA geht es um den 3,0-Liter-Diesel-Motor, der im Jeep Grand Cherokee und in Pick-ups der Marke Ram verwendet wird.

„Williger Teilnehmer“

Auch der Autozulieferer Bosch gerät erneut ins Visier der Justiz, diesmal wegen der Dieselskandalermittlungen gegen Daimler. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart bestätigte am Freitag: „Es gibt zwei Ermittlungsverfahren gegen Bosch.“ Neben dem seit Ende 2015 laufenden Verfahren wegen einer möglichen Verstrickung in den Abgasskandal bei Volkswagen gebe es ein weiteres „wegen möglicher Beihilfe zum Betrug bei Daimler“. Ein Bosch-Sprecher sagte, das Unternehmen „unterstützt laufende Ermittlungen und kooperiert uneingeschränkt mit den zuständigen Behörden“.

Bosch entwickelt Software für die Motorsteuerung und zählt als weltgrößter Zulieferer alle großen Autobauer zu seinen Abnehmern. Der US-Rechtsanwalt Steve Berman, der Autobesitzer in den Vereinigten Staaten vertritt, sagte dem „Spiegel“: „Aus unserer Sicht war Bosch ein williger Teilnehmer in dem Skandal.“ Fast alle manipulierten Autos hätten Bosch-Software verwendet. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2017)

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