Was macht die OMV zum Überflieger?

Lässt derzeit alle hinter sich: die OMV
Lässt derzeit alle hinter sich: die OMV(c) REUTERS
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Die OMV-Aktie verblüfft damit, dass sie ihre Peers haushoch übertrifft. Auch in der ATX-Jahresstatistik war sie bis Dienstag Nummer eins. An der Konzentration auf Gazprom liegt es nicht.

Wien. Angesichts des niedrigen Ölpreises nimmt es sich fast aus wie eine Anomalie. Jedenfalls hatte die Wiener Börse das, was sich im ersten Halbjahr zutrug, schon lange nicht mehr gesehen. Nicht eine Bank, auch nicht Immobilienwerte bestimmten das Geschehen. Es war die OMV, die alle anderen übertraf. Zumindest bis Wochenbeginn, ehe sie am Dienstag von der Aktie des Wiener Flughafens überrundet wurde.

Um ganze 41 Prozent stieg die Öl- und Gasaktie seit Jahresbeginn an. Auf Sicht von zwölf Monaten waren es gar 88 Prozent. Dies trotz der Tatsache, dass der Ölpreis niedrig war und im Gegensatz zum vorjährigen Abkommen vieler Opec- und Nicht-Opec-Staaten über Förderbeschränkungen auf die zweite Einigung in der Vorwoche nicht einmal kurzfristig anzog, weshalb auch die OMV-Aktie binnen einer Woche fast fünf Prozent abgab.

Peers im Schatten

Insgesamt jedoch verblüfft das Papier nicht nur vor dem Hintergrund der anderen ATX-Werte. Es verblüfft auch im Vergleich mit anderen Konkurrenten aus dem Westen und aus Schwellenländern. So hat die französische Total seit Mitte des Vorjahres um 14,5 Prozent zugelegt, die holländisch-britische Shell um 35,69 Prozent, die bis vor Kurzem vom jetzigen US-Außenminister Rex Tillerson geführte Exxon Mobil hat gar sechs Prozent verloren. Die britische BP schaffte immerhin 40 Prozent. Ähnlich die brasilianische Petrobras oder – etwas schwächer – Russlands Lukoil.

Stellt man den Vergleich seit Jahresbeginn an, so sind die großen Konkurrenten der OMV überhaupt weit abgeschlagen, notieren sie doch durchwegs im Minus. Vereinzelt hegen Marktteilnehmer daher den Verdacht, ein Manipulator würde den OMV-Kurs bewusst treiben bzw. irgendein Investor würde sich am freien Markt mit möglichst vielen Aktien eindecken. Es gibt aber auch rationalere Erklärungen.

Ein Blick auf Osteuropa zeige, dass die Branchenaktien in der dortigen billigeren Preisumgebung besser performten als die westlichen Konkurrenten, wie Tamás Pletser, Öl- und Gasanalyst der Erste Investment, auf Anfrage betont: Die OMV mit ihrem Engagement in Osteuropa – die rumänische Petrom liegt mehrheitlich in den Händen der OMV – befinde sich in diesem Trend. „Außerdem hat das neue OMV-Management die Kosten sowie die Investitionsausgaben gekürzt und so wieder einen positiven Cash-Flow erzielt“, so Pletser: Bei der OMV seien diese Maßnahmen spektakulärer passiert als bei westlichen Konkurrenten.

Neuausrichtung im Fokus

Konkret hat OMV-Chef Rainer Seele in seiner zweijährigen Amtszeit die Ausgaben bei Exploration und Produktion gekürzt, sich aus Teilen der teureren Nordsee zurückgezogen und etwa mit dem Verkauf des Hälfteanteils am österreichischen Gasnetz GCA Geld zum Schuldenabbau lukriert. Dem Rückzug aus teureren, aber stabileren Ländern steht ein Mehrengagement in billigeren, aber politisch riskanteren Ländern wie vor allem Russland gegenüber. Die OMV will dort die Übernahme des Viertelanteils am Gasfeld Juschno-Russkoje für 1,75 Mrd. Euro bis Jahresende abschließen. Zäher gestaltet sich der Abschluss des viel diskutierten Asset-Swaps mit der Gazprom, weil Norwegen einer Übernahme von OMV-Anteilen durch die Gazprom in der Nordsee skeptisch gegenübersteht. Die OMV hat das Ansuchen darum noch gar nicht eingereiht, so Ella Mørland, Sprecherin des norwegischen Ölministeriums, dieser Tage gegenüber der „Presse“.

Eine der neuen Hauptstoßrichtungen werde ohnehin Abu Dhabi sein, wo man im Downstreambereich wachsen werde, so Seele am Montagabend vor Journalisten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2017)

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