Kei Nishikori, ein Superstar mit Gedächtnislücken

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Japaner fordert im Viertelfinale der French Open Andy Murray.

Paris. Da saß er nun und wusste nicht weiter. Verlegen kratzte sich Japans Tennis-Star Kei Nishikori mit dem Finger am Ohr, lächelte, um etwas Zeit zu gewinnen. Doch die Erinnerung wollte einfach nicht zurückkommen. „Ich bin wirklich schlecht darin, mir etwas zu merken“, sagte Nishikori und erntete ein Lachen der Journalisten. Denn so lange liegt die Partie, um die es ging, gar nicht zurück. Genauer gesagt ein gutes Dreivierteljahr. Da traf er im Viertelfinale der US Open auf den Briten Andy Murray. Doch Nishikori wollte und wollte einfach nicht einfallen, wie das Duell in New York im September 2016 verlaufen war. „Ich weiß nicht einmal, ob ich gewonnen oder verloren habe. Habe ich gewonnen?“, fragte er.

Ja, das hatte er. In einer hart umkämpften Partie setzte er sich damals in fünf Sätzen durch, um später im Halbfinale an Stan Wawrinka aus der Schweiz zu scheitern. Was er aus dieser Partie für das neuerliche Aufeinandertreffen im Viertelfinale der French Open am Mittwoch mitnehmen könne, war die Frage an Nishikori. Nun, wenn man sich an Dinge nicht mehr erinnert, ist es schwer, daraus viel für die Zukunft abzuleiten. Weshalb Nishikori einfach ganz allgemein antwortete. „Es ist immer ein harter Kampf zwischen uns. Das wird es sicher auch dieses Mal.“

Er ist schon ein besonderer Typ, dieser Kei Nishikori. Auf der einen Seite ein absoluter Megastar in seiner Heimat, wo ihn die Japaner verehren und umlagern, weshalb er den überwiegenden Teil des Jahres in Florida verbringt. „Es ist schwierig für mich in Tokio. Ich muss alles Mögliche tragen, um mich einigermaßen frei bewegen zu können – Sonnenbrille, Hut, Maske“, erzählte der 27-Jährige einmal. Auf der anderen Seite der stets immer etwas verschlafen wirkende Nishikori, dem die Attitüde eines Sportstars gänzlich abgeht. Doch das ändert nichts daran, dass er vermarktet wird wie kaum ein anderer. Zum großen Glück fehlt nur ein großer Titel. Nishikori ist immer noch ohne Major-Trophäe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2017)

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