Der EuGH verbietet Bezeichnungen wie "Tofu-Butter", weil keine echte Butter enthalten ist. Danke! Darauf wären wir nie gekommen.
Was ein echter Käse sein will, kommt ohne tierische Euter nicht aus. Zu diesem bahnbrechenden Entscheid rang sich dieser Tage der Europäische Gerichtshof (EuGH) durch. Rein pflanzliche Produkte dürfen daher nicht länger als „Soja-Milch“, „Tofu-Butter“ oder „Veggie-Käse“ beworben werden. Der EuGH gab damit dem Verband Sozialer Wettbewerb recht, der gegen diese unverschämte „Irreführung der Verbraucher“ geklagt hatte.
Wie dringend die armen, irregeführten Verbraucher dieses Urteil allerdings wirklich gebraucht haben, ist fraglich. Denn kaum eine andere Branche wirbt so offensiv damit, eben keine tierischen Inhaltsstoffe zu verwenden, wie die Hersteller vegetarischer und veganer Lebensmittel. Es gibt diese boomende Nische schließlich nur darum, weil Menschen eben bewusst darauf verzichten, tierische Produkte zu sich zu nehmen. Ob sie wirklich enttäuscht sind, wenn ihre Sojamilch keine Kuhmilch ist?
Und wer es anders will und im Supermarkt das Wort „Käse“ entziffern kann, wird vermutlich auch am überlebensgroßen Beisatz „rein pflanzlich“ oder „vegan“ nicht scheitern. Sollte sich doch einmal die nunmehr verbotene vegane Butter im Einkaufswagen finden, ist das wohl auch kein Malheur. Wird eben etwas weniger klimaschädliches Methangas von den Milchkühen in die Luft gepumpt.
Ein wenig erinnert das Urteil an 2013, als die EU-Parlamentarier bei der Abstimmung über die neue EU-Tabakrichtlinie schärfer gegen Schokozigaretten und Marzipanzigarren vorgegangen sind als gegen „echte“ Zigaretten. Während ultradünne Zigaretten, die vor allem von Jugendlichen gern geraucht werden, nur neu verpackt werden mussten, sollten Süßigkeiten in Zigarettenform aus den Geschäften verschwinden. Eine „Abstimmungspanne“, hieß es danach – in der Letztfassung wurde das Verbot aufgehoben.
Der EuGH-Entscheid wird hingegen halten. Und nach den Milchprodukten dürfte es nun der veganen Wurst an den Kragen gehen. Rechtlich biete die bestehende EU-Regelung wenig Spielraum, sagen Juristen.
Am fairsten ist in diesem Fall vielleicht die vollkommene Transparenz. Auch wer echte Milch und Butter will, sollte genau wissen, was er bekommt. Der EuGH bietet in seinem Urteil einen Werbeslogan an. Ein Milchprodukt darf sich nur nennen, was aus „normaler Eutersekretion“ von Tieren gewonnen wird, heißt es da. Wen das nicht lockt, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2017)