Der Ex-Kanzler sieht den Trend hin zur Bewegung, weg von der Partei kritisch. Von der SPÖ verraten fühlt er sich nicht. Christian Kern traut er zu, das "Ohr nahe an der Partei" zu haben.
Der frühere Bundeskanzler, Franz Vranitzky (SPÖ), sieht durch die Erstellung eines roten Kriterienkatalogs als Basis für künftige Koalitionen, die nach ihm benannte Doktrin nicht aufgehoben. Es habe sich dadurch "wenig verändert", so der Altkanzler. "Die SPÖ wird auf Basis des Wahlergebnisses und der Bewertung der inhaltlichen Schwerpunkte der anderen Parteien verhandeln", zeigte er sich gegenüber dem "Kurier" überzeugt.
Verraten fühle er sich von seinen Parteigenossen jedenfalls nicht: "Meine Entscheidung, mit der FPÖ keine Regierung zu bilden, liegt 30 Jahre zurück, die politischen und personellen Rahmenbedingungen waren ganz andere", verwies er auf den damaligen freiheitlichen Obmann Jörg Haider. "Hätte ich Haider 1986 in die Regierung nehmen sollen, nur dass er sich nicht ausgegrenzt gefühlt hätte? Das wäre absurd gewesen", betonte der Ex-Regierungschef.
Er traue Christian Kern jedenfalls zu, sein Ohr nahe genug an der Partei zu haben, um zu wissen, "ob er richtig liegt, und eine Koalition der Partei und seiner Wählerschaft zumuten kann".
Das Abkommen von der klassischen Partei, hin zu einer Bewegung - wie derzeit von ÖVP-Chef Sebastian Kurz zelebriert - sieht Vranitzky skeptisch: Personen wie Kurz würden "ostentativ auf Distanz zu seiner Partei" gehen. "Meine Antwort ist: Werft die Parteien nicht auf den Mist und klammert Euch nicht an Personen, macht die Parteien modern, so dass sie mitspielen im Zeitalter der Globalisierung."
Vranitzky-Doktrin
Im Jahr 1986 wollte der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ) einen "antifaschistischen Schutzwall" errichten. Dazu untersagte er die politische Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen prinzipiell. Noch heute gibt es dazu einen aufrechten Beschluss der österreichischen Sozialdemokraten.
(Red.)