Koalition streitet wegen ÖBB-Personalia

(c) APA Roland Schlager
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Die ÖVP ist über "rote" Postenbesetzungen in den ÖBB erzürnt. Und droht der SPÖ mit einer "Blockade" der ÖBB: ÖVP-nahe Aufsichtsräte könnten abgezogen, die Geldquellen zugedreht werden.

Wien. Acht Stunden, bis zum späten Abend, dauerte die Aufsichtsratssitzung der ÖBB-Holding am Dienstag. Und dort konnten auch, wie nach außen kommuniziert wurde, einige Personalia abgehakt werden: So wurde etwa die Geschäftsführung für die neue ÖBB-Tochter Shared Service Center GmbH bestellt. Dieser neue ÖBB-interne Dienstleister für Einkauf, Personaladministration und IT wird in Hinkunft von ÖBB-Rechtschef Alfred Loidolt und der Personenverkehrs-Personalchefin Sabine Greiner geleitet werden. Weiters wird jetzt ein neuer Vorstand für die ÖBB-Holding ausgeschrieben, der im nächsten Jahr den bisherigen Vorstand Gustav Poschalko ersetzen soll.

Alles läuft also nach Plan. So weit jedenfalls die offizielle Version.

Die inoffizielle: Die Frage der Postenbesetzungen in den ÖBB läuft bei Weitem nicht so reibungslos, wie gerne suggeriert wird. In Wahrheit sorgt sie für einen handfesten Koalitionskrach.

Aus politischen Kreisen heißt es, dass es am Montag, im Vorfeld der dienstäglichen Aufsichtsratssitzung, zu einem diskreten „großkoalitionären“ Treffen gekommen sei, um Personalfragen zu bereden: ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf und ÖBB-Aufsichtsratspräsident Horst Pöchhacker (der der roten Reichshälfte zugerechnet wird) sollen sich an jenem Tag zum Frühstück getroffen haben – allerdings ohne Einigung auseinandergegangen sein. Karlheinz Kopf soll darob ziemlich erbost sein.

Faktum ist, dass die ÖVP mit ihren Personalwünschen bei der SPÖ – speziell bei Aufsichtsratschef Pöchhacker – auf taube Ohren stößt:

• Seit dem Sommer ist der Posten des stellvertretenden ÖBB-Aufsichtsratspräsidenten vakant, nachdem der Linzer Rechtsanwalt Eduard Saxinger sein Mandat zurückgelegt hat. Der Posten steht nach politischer Farbenlehre der ÖVP zu – da der Aufsichtsratschef mit Pöchhacker von der SPÖ besetzt ist. Nur: Der Kandidat der ÖVP, der frühere Staatssekretär im Verkehrsministerium, Helmut Kukacka, stößt auf heftige Ablehnung der Eisenbahnergewerkschaft – und damit lehnt auch die SPÖ Kukacka ab.

Dem Vernehmen nach wird ÖVP-intern der frühere Wirtschaftsminister und Finanzstaatssekretär Johannes Ditz als „Kompromisskandidat“ für den Aufsichtsrats-Vize genannt, offiziell beharrt die Partei aber auf der Bestellung Kukackas.

• Kopf soll sich im klandestinen Gespräch mit Pöchhacker vehement dafür ausgesprochen haben, dass der frühere Kabinettschef von ÖVP-Innenminister Ernst Strasser, Philipp Ita, Geschäftsführer der Shared Service Center GmbH wird. Was von der SPÖ ebenso vehement abgelehnt wird: Ita galt einst als Strassers „Mann fürs Grobe“ bei der Umfärbung des Ministeriums – in der SPÖ ist er seitdem Persona non grata. Doch nicht nur wurde Ita abgelehnt, die zwei nun bestellten Geschäftsführer der ÖBB-Tochter gelten zudem als SPÖ-nahe.

• Dies wiederum nährt in der ÖVP den Argwohn, dass unter Pöchhacker – der offenbar unter massivem Druck von SPÖ-Infrastrukturministerin Doris Bures steht – ÖBB-Posten nach und nach „erröten“. Das hat was: Vergangene Woche scheiterte zwar die Bestellung eines neuen Finanzvorstands für die ÖBB-Personenverkehrs AG – den Posten besetzt derzeit der „schwarze“ Josef Halbmayr. Doch die zur Diskussion stehenden Kandidaten heißen Günter Hek (der von der Gewerkschaft favorisiert wird) sowie Andreas Fuchs (den Pöchhacker pusht) – beide werden dem SPÖ-Lager zugerechnet.

Kopf war gestern zu keiner Stellungnahme in der Angelegenheit erreichbar. Offenbar ist ohnehin alles gesagt: Der SPÖ soll er bereits ausgerichtet haben, alle ÖVP-nahen Aufsichtsräte in den ÖBB abzuziehen, falls der Koalitionspartner die Umfärbung nicht beendet. Kopf soll in dem Zusammenhang Pöchhacker auch gesagt haben, dass das Mandat des Aufsichtsrats angesichts der wirtschaftlichen Situation der ÖBB rechtlich nicht unbedenklich sei – weshalb die ÖVP auf dem Vize-Aufsichtsrat bestehe, um auch Zugang zu jenen Informationen zu haben, die dem Präsidium vorbehalten sind.

Apropos wirtschaftliche Situation: Angeblich droht die ÖVP auch, in Hinkunft mehr Druck auf die ÖBB seitens des von ihr geführten Finanzministeriums auszuüben. Soll, in Abwandlung einer alten Weisheit, heißen: „Ka Musi, ka Geld“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2009)

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