Kriminalfall. Die Ermittlung um den tödlichen Bootsunfall am Wörthersee, bei dem ein Medienmanager unter Tötungsverdacht steht, ergibt nun: Das Opfer ist in die Schiffsschraube geraten.
Klagenfurt. Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt ermittelt seit zweieinhalb Monaten wegen grob fahrlässiger Tötung. Die Rede ist von jenem Bootsunfall, der sich am 2. Juni auf dem Wörthersee ereignete: Ein 44-jähriger Kremser Baumeister war während einer Bootsfahrt ins Wasser gefallen und gestorben. Am Mittwoch gab die Staatsanwaltschaft bekannt, dass der Mann in die Schiffsschraube geraten war. Eine „unfallfremde Todesursache“ sei ausgeschlossen.
Die Anklagebehörde bezieht sich auf das jetzt fertige medizinische Gutachten beziehungsweise die Obduktion. Gelenkt wurde das PS-starke Motorboot von einem 44-jährigen Medienmanager aus Niederösterreich. Ihm und dem 32-jährigen Bootsführer aus Kärnten, der dem Medienmanager das Steuer überlassen hatte, dürfte nun ein Strafprozess bevorstehen.
1,2 Promille Alkohol
Der Medienmanager war laut Staatsanwaltschaft zum Unfallzeitpunkt betrunken: Eine Untersuchung hatte 1,2 Promille Alkohol im Blut ergeben. Ob es tatsächlich einen Strafantrag – in dem Fall wegen Tatbegehung im (laut Strafgesetz) Rauschzustand – geben wird, steht aber noch nicht fest. Sollte dem so sein (vieles spricht derzeit dafür), drohen den beiden Männern bis zu drei Jahre Haft.
Der Fall war von Anfang an von Gerüchten begleitet. Medial war unter anderem von politisch motivierten Vertuschungsversuchen die Rede gewesen. Dem tritt die Staatsanwaltschaft Klagenfurt entgegen. Man behandle die Sache wie einen ganz gewöhnlichen Fall – wie etwa einen Unfall eines alkoholisierten Autolenkers mit Todesfolge. Politische Interventionen habe es bei den Ermittlungen bisher „überhaupt nicht“ gegeben, sagt die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Klagenfurt, Tina Frimmel-Hesse, der „Presse“.
Man warte nun noch auf die Fertigstellung eines Schifffahrtsgutachtens. So viel steht aber laut Polizei bereits fest: Technisch war das gecharterte Motorboot (der Eigentümer ist ein prominenter Kärntner Unternehmer) in Ordnung.
Begonnen hat alles am Nachmittag des 2. Juni 2017. Nach dem Besuch eines „angesagten“ Strandlokals in Reifnitz (Südufer des Wörthersees) waren der Manager und drei Freunde von ihm (alle in den Vierzigern) sowie der Bootsführer an Bord des Schnellboots gegangen. Man darf von einer feuchtfröhlichen Herrenrunde sprechen. Laut Informationen der Austria Presse Agentur hatte auch das Opfer 1,05 Promille intus. Der Kärntner Bootsführer überließ dem angetrunkenen Manager das Ruder. Wie die Polizei später mitteilen sollte, besitzt auch der Manager ein Schifffahrtspatent. Was dann geschah, ist seither Gegenstand von Ermittlungen.
Fest steht, dass der Baumeister während rasanter Fahrt in Richtung Kapuzinerinsel (diese wird vielfach von Bootsführern angelaufen) auf der Höhe von Maria Wörth das Gleichgewicht verlor und in den See fiel. In einer ersten Mitteilung der Polizei war von einer „starken Kurvenfahrt“ die Rede.
Zertrümmerung der Knochen
Zeugen, die das Unglück vom Ufer aus sahen, gaben an, dass das Boot stoppte und rückwärts fuhr, nachdem ein Mann über Bord gegangen war. Wie zuverlässig diese Aussagen sind, hat die Staatsanwaltschaft zu bewerten. Sie würden aber zum medizinischen Gutachten passen. Darin steht: „Als Todesursache wurden zweifelsfrei massivste, durch mehrfache heftigste, hiebartige, kantenmechanische Gewalteinwirkungen bewirkte Verletzungen des Gesichts- und Gehirnschädels mit Zertrümmerung der knöchernen Strukturen und der Weichteile objektiv festgestellt. Eine derart massive Verletzung hat den sofortigen Tod und die sofortige Handlungsunfähigkeit der betroffenen Person zur Folge.“ Anders gesagt: Das Opfer wurde von der Schiffsschraube des Bootes am Kopf tödlich verletzt.
Die Leiche des Mannes wurde tags darauf von Feuerwehrtauchern in 30 Metern Tiefe am Grund des Wörthersees gefunden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2017)