Die neue türkisch-iranische Achse

Derzeit weilt der iranische Militärchef, Mohammad Bagheri, in Ankara.
Derzeit weilt der iranische Militärchef, Mohammad Bagheri, in Ankara.(c) APA/AFP/STR (STR)
  • Drucken

Der iranische Militärchef ist zu Gesprächen in die Türkei gereist. Beide Länder wollen gegen die PKK vorgehen, an der Grenzregion entsteht derzeit eine Mauer. Die Türkei ist auf iranische Energiereserven angewiesen.

Wien/Ankara/Teheran. Der Krieg in Syrien mag sie trennen, aber die Krise in Katar eint sie: Ankara und Teheran suchen derzeit Wege, um ihre oft strapazierten Beziehungen zu verbessern und gleichzeitig ihre Machtbasis in der Region zu verfestigen. Derzeit weilt der iranische Militärchef, Mohammad Bagheri, in Ankara; iranische Medien nennen unter anderem den Grenzschutz als Grund für Bagheris „unvorhergesehene“ dreitägige Reise.

Erst vor einigen Tagen hat die Türkei mit dem Bau einer Mauer an der Grenze zum Iran begonnen. Damit sollen der kurdischen PKK die Lieferwege abgeschnitten, aber auch Menschenschmuggel aus dem Iran und Afghanistan eingedämmt werden. Das Thema Kurden wird bei den offiziellen Treffen in Ankara breiten Raum einnehmen, denn sowohl die Türkei als auch der Iran stellen sich gegen das geplante Unabhängigkeitsreferendum der irakischen Kurden im September; beide Länder fürchten Folgereaktionen in ihren eigenen Gebieten. Bei den ersten Treffen haben iranische und türkische Militärs jedenfalls eine enge Zusammenarbeit beim Kampf gegen die PKK beschlossen.

Was Syrien betrifft, findet Ende August die sechste Runde der Friedensgespräche im kasachischen Astana statt, an denen neben dem Iran und der Türkei auch Russland federführend teilnimmt. Zwar unterstützt Teheran – wie Moskau auch – das Regime des syrischen Machthabers, Bashar al-Assad, und Ankara die sunnitischen Rebellen, aber bei den bisherigen Astana-Gesprächen einigte man sich auf vier sogenannte Deeskalationsgebiete. Diese Gebiete könnten von iranischen, russischen und türkischen Soldaten kontrolliert werden. Regierungsnahen türkischen Medien zufolge ist die Vorbereitung auf den Astana-Gipfel und die Syrien-Frage ein weiterer wesentlicher Punkt für den Besuch Bagheris.

Milliardenschwerer Deal

Abgesehen von der Syrien-Frage zeigen sich Ankara und Teheran in jüngster Zeit einträchtig. Beide Länder haben sich auf die Seite Katars geschlagen, als der Golfstaat im Juni von einem Zusammenschluss mehrerer Staaten, darunter Saudiarabien, isoliert wurde. Katar wird Terrorunterstützung vorgeworfen, auch die guten Iran-Beziehungen des kleinen Landes sind anderen arabisch-sunnitischen Ländern am Golf ein Dorn im Auge. Obwohl die konservative türkische Regierung immer wieder ihren Sunnismus betont, kappt sie die Beziehungen zum schiitischen Iran nicht. Zum einen ist die Islamische Republik ein Anrainerstaat, zum anderen bauen Ankara und Teheran seit über einem Jahrzehnt sukzessive ihre Energie- und Wirtschaftsbeziehungen aus.

Erst diese Woche haben Vertreter von türkischen, russischen und iranischen Energiefirmen einen milliardenschweren Deal unterzeichnet, es ist das erste trilaterale Abkommen seiner Art für den Iran, wie die Unterzeichner angeben. Das neue Konsortium will gigantische Öl- und Gasreserven im Iran ausbeuten. Ankara ist in hohem Maße von Energie aus Russland und dem Iran abhängig. Das ging in der Vergangenheit so weit, dass die Türkei großzügig über die iranischen Atomprogramme in der Ära Mahmoud Ahmadinejad hinweggesehen hat.

Inzwischen landet Ankara regelmäßig in den Top fünf der wichtigsten Handelspartner des Iran. Teheran liefert Industrieprodukte in die Türkei, während Ankara Textilien, Stahl und Chemikalien exportiert. (duö)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Österreich

Deutschland überprüft Rüstungsdeals mit Türkei

Nachdem Berlin eine "Neuausrichtung" der Türkei-Politik angekündigt hat, könnte Deutschland Waffendeals mit dem Nato-Mitglied aussetzen. Der türkische Wirtschaftsminister versucht Investoren zu beruhigen: Die Krise sei nur vorübergehend.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.