Wenn Trump eine alte Schweineblut-Legende auspackt

Donald Trump
Donald Trumpimago/UPI Photo
  • Drucken

Der US-Präsident verurteilt die Anschläge in Barcelona und sorgt mit einem Tweet für Empörung. Die Kritik an ihm reißt nicht ab.

Washington. Nachdem sich Donald Trump mit immer lauterer Kritik aus den eigenen Reihen konfrontiert sieht – zuletzt hat der republikanische Senator Bob Corker seine Kompetenzen angezweifelt –, schießt der US-Präsident auf Twitter zurück. Ihm wird vorgeworfen, die rechtsextreme Gewalt in der Stadt Charlottesville vergangene Woche relativieren zu wollen. Die Proteste entflammten sich, als eine Statue des Generals Robert E. Lee, der ein Verfechter der Sklaverei war und ein Held für die Rechten ist, entfernt werden sollte.

Auf Twitter kritisierte Trump nun den von vielen Kommunen betriebenen Abbau von Denkmälern für Vertreter der sklavenhaltenden Südstaaten im US-Bürgerkrieg als „dumm“. Damit werde „Geschichte und Kultur“ des Landes zerrissen. Rechtsradikale Gruppen bringen bei ihren Protesten gegen den Abriss von Symbolen der Sklaverei ähnliche Argumente vor.

Ebenfalls auf Twitter verurteilte Trump die jüngsten Anschläge in Barcelona – und sorgte mit einem Folgetweet erneut für Empörung. Was islamistische Terroristen betrifft, solle man sich an General Pershing halten, so Trump. „Danach hat es 35 Jahre lang keinen radikalen islamistischen Terror gegeben.“

Damit wärmte Trump eine Geschichte auf, die historisch nicht belegt ist, sich aber als Internet-Legende hält. Demnach soll Pershing bei der Bekämpfung islamistischer Rebellen auf den Philippinen Anfang des 20. Jahrhunderts eine brutale Methode der Abschreckung angewendet haben: Angeblich ließ er Gewehrpatronen in Schweineblut tauchen und damit anschließend die Islamisten erschießen.

Beirat abgesagt

Trump hatte das Beispiel schon im Wahlkampf im vergangenen Jahr verwendet, um seine These zur Wirksamkeit von Folter bei der Terrorbekämpfung zu belegen. Historiker betonen jedoch, es gebe keine Hinweise darauf, dass Pershing tatsächlich so handelte. Zudem hätten muslimische Rebellen auch nach Pershings Zeit auf den Philippinen für Unruhe gesorgt – die von Trump erwähnte wirksame Abschreckung gab es also nicht.

Unterdessen wird die innerparteiliche Kritik gegen Trump immer lauter. Weil Senator Lindsey Graham Trumps Aussagen zu Charlottesville kritisierte, warf ihm Trump vor, eine „widerwärtige Lüge“ verbreitet zu haben. Bereits in der vergangenen Woche war Trump den republikanischen Fraktionschef im Senat, Mitch McConnell, hart angegangen. McConnell und Graham gehören zu den einflussreichsten Parlamentariern der Republikaner. Ohne ihre Mithilfe dürfte es die Regierung schwer haben, wichtige Gesetzgebungspakete durch den Kongress zu bringen.

Mit den jüngsten Aussagen kappt der Präsident weitere Brücken zur politischen Mitte. Jüngst haben sich auch wichtige Unternehmer von ihm abgewandt, was zur Auflösung von zwei wirtschaftspolitischen Beiräten im Präsidialamt führte. Die geplante Bildung eines Infrastruktur-Beirates wurde von der Regierung abgesagt.

In US-Medien wird bereits über eine mögliche Entfernung Trumps aus dem Präsidentenamt spekuliert. Nach der Verfassung kann ein Präsident mit einer Zweidrittelmehrheit im Kongress abgesetzt werden, wenn bei ihm Amtsunfähigkeit konstatiert wird. Dieses Verfahren unterscheidet sich von der Prozedur zur Amtsenthebung wegen möglicher Verfehlungen, über das wegen des Russland-Skandals ebenfalls spekuliert wird.

Carl Bernstein, der als Reporter in den 1970er-Jahren den Watergate-Skandal aufdeckte, sagte dem Sender CNN, dass immer mehr Vertreter der US-Militärs, der Geheimdienste, des Kongresses und der Wirtschaft zu der Einsicht kommen würden, Trump sei für das Präsidentenamt „nicht qualifiziert“. (seib/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Außenpolitik

US-Außenminister distanziert sich von Trump

Rex Tillerson verwehrt Trump, auf dessen umstrittene Reaktion zur rechtsextremen Gewalt in Charlottesville angesprochen, die Rückendeckung.
Das fragwürdige Titelblatt
Weltjournal

Deutsche Juden empört über Trump als Nazi auf Titelseite des "Stern"

Die Aufmachung der aktuellen Auflage des Magazins sei geschmacklos, völlig daneben, und relativiere die Judenverfolgung unter Hitler, heißt es aus dem jüdischen Zentralrat.
Donald Trump in Arizona.
Home

Ex-US-Geheimdienstchef bezweifelt "Trumps Fähigkeit, Amt zu bekleiden"

Nach dem gewalttätigen Neonazi-Aufmarsch in Virginia habe er "perfekt" reagiert, meint der US-Präsident vor Anhängern. Ex-Geheimdienstchef Clapper zweifelt nach dem Auftritt an Trumps Amtsfähigkeit.
Aug 19 2017 Boston Massachusetts U S People gather at the Madison Park Technical Vocational
Außenpolitik

Zehntausende demonstrieren gegen Rechten-Kundgebung in Boston

Auch Präsident Trump lobte zum Ende der Proteste die Gegendemonstranten. Einige Lokale in der Stadt weigerten sich, weiße Nationalisten zu bedienen.
Außenpolitik

Bannon will weiter gegen Trumps Widersacher "in Krieg ziehen"

Der 63-Jährige will an der Spitze des ultrarechten Internetportals "Breitbart News" die "Opposition" gegen seinen nationalistischen Kurs zerschlagen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.