Die Tücken der Bitcoin-Technologie

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Manipulationen sind möglich, wenn sich zumindest ein Drittel der Teilnehmer abspricht, sagt ein Experte.

Die neue digitale Währung Bitcoin gilt als besonders sicher. Sie basiert auf einer Technologie, die Blockchain heißt, einer speziellen Datenbank, die Manipulationen unmöglich machen soll. Ganz so sicher sind Bitcoins aber nicht, erläutert der Kryptograf Adi Schamir. Denn die Programmierung der Bitcoins führt zu kurzfristigen Verzweigungen und diese können für Betrug genutzt werden.

Das Problem entsteht aus dem Mechanismus, der die Bitcoins eigentlich sicher machen sollte, so Schamir bei einem Vortrag im Rahmen der Jahrestagung des Vereins für Socialpolitik an der Universität Wien. Das Bitcoin-System gibt eine mathematische Aufgabe vor, "ein Puzzle", so Schamir, das so komplex ist, dass es nur mit sehr hohem Rechenaufwand lösbar ist. Genau genommen ist es nur durch herumprobieren zu lösen: "Es ist so, als müssten Sie ein sehr kleines Ziel mit zufällig in die Gegend geschossenen Pfeilen treffen", vergleicht Schamir. Um zum Erfolg zu kommen, müssen etwa 8 Billionen Versuche in der Sekunde gemacht werden. Verschiedenste Gruppen versuchen gleichzeitig ihr Glück, wer als erster zum Erfolg kommt, gewinnt und erhält zur Belohnung vom System neu geschaffene Bitcoins (derzeit 12,5 pro Block), alle anderen Bemühungen verfallen.

Manipulation gilt als unmöglich

Etwa alle zehn Minuten entsteht so ein neuer Block. Er wird noch einmal von allen Teilnehmern im System bestätigt und dann an die Blockchain-Datenbank angehängt. Da die Informationen mit früheren Datenblöcken verschränkt sind und die gesamte Datenbank bei allen Teilnehmern abgespeichert ist, gilt eine nachträgliche Manipulation als unmöglich.

Das System hat aber eine andere Tücke: Zwischenzeitlich entstehen "Abzweigungen" in der Informationskette. Bitcoin ist so programmiert, dass letztlich die längere Abzweigung als die dauerhaft gültige festgeschrieben wird. Kurzfristig entstandene Seitenzweige verfallen wieder, dort gespeicherte Transaktionen werden damit ungültig.

Warten auf die Bestätigung

Das führt einerseits dazu, dass manchmal erst nach einer Stunde ganz sicher ist, ob eine Transaktion dauerhaft bestätigt wird und damit endgültig ist. Andererseits führt es dazu, dass eine große Gruppe von Bitcoin-Teilnehmern sich absprechen könnte: Man könnte etwa eine Transaktion im Wert von einer Million Dollar (echtes Geld in der realen Welt) mit Bitcoin bezahlen, diese in einem Block festschreiben, dann aber nachträglich eine Abzweigung schaffen und diese so verlängern, dass jener Block, in dem die große Transaktion validiert worden war, "abstirbt" und ungültig wird, erläuterte Schamir.

Garantiert funktionieren würde das, wenn eine Gruppe, die gemeinsam 51 Prozent der Rechenkraft im Bitcoin-System hält, sich abspricht. Ursprünglich war die Zahl der Rechner, die Bitcoin-Blöcke erstellen, so groß, dass so eine Absprache ausgeschlossen schien. Inzwischen ist es aber so aufwendig und teuer, neue Blöcke zu berechnen, dass die Erstellung von einigen großen Organisationen dominiert wird - meist in China, weil dort die Stromkosten niedrig sind. Daher sagt Schamir: "Zwei bis drei chinesische Organisationen können die Bitcoins zerstören" oder jedenfalls manipulieren.

Wie Mathematiker inzwischen nachgewiesen haben, genügen über andere Mechanismen schon 33, vielleicht aber auch schon 25 Prozent der Rechenleistung, um die Bitcoin-Kette manipulieren zu können. Allerdings haben die, die derzeit im System sind, kein Interesse es zu zerstören, sagt Schamir, da sie selber darin investiert sind. Das gebe derzeit eine gewisse Sicherheit.

(APA)

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