Subtext

Hollywood versus Trump: Auge um Auge, Tweet um Tweet

Trumps Ex-Pressesprecher Sean Spicer flitzte im fahrbaren Pult auf die Bühne – wie als „Spicey“ in der Satireshow „Saturday Night Live“.
Trumps Ex-Pressesprecher Sean Spicer flitzte im fahrbaren Pult auf die Bühne – wie als „Spicey“ in der Satireshow „Saturday Night Live“.(c) REUTERS
  • Drucken

Emmy-Verleihung in Los Angeles: Dass der US-Präsident als Star seiner Reality-TV-Show nie mit einem Emmy ausgezeichnet wurde, rächte sich.

Irgendjemand im Weißen Haus muss Donald Trump das Handy weggenommen und versteckt haben – am Ende womöglich sein elfjähriger Sohn, Barron. Anders ist es nämlich nicht zu erklären, dass der US-Präsident am Sonntagabend nicht Twitter-Salven gegen Hollywood abfeuerte, so wie er es noch in der Früh im Furor und mit flinken Fingern gegen Hillary Clinton getan hatte. Mit einem Golfschläger drosch er dabei auf das Konterfei der „Betrügerin Hillary“ ein. Damit war neuerlich ein Tiefpunkt der politischen Auseinandersetzung im Lande erreicht – frei nach dem Motto: Auge um Auge, Tweet um Tweet.

Auch am Montag blieb es auf Trumps Twitter-Account zunächst erstaunlich ruhig. Der Mann hat Besseres zu tun, sollte man meinen: Schließlich bereitete sich der Präsident auf seinen großen Auftritt auf der Weltbühne vor, auf sein Debüt vor dem UN-Forum in New York.

Bei der Emmy-Gala, der Verleihung der wichtigsten Fernsehpreise der USA, hatten ihn die üblichen Verdächtigen wieder einmal bis aufs Blut gereizt. „Hello, Mister President, ich freue mich schon auf Ihre Tweets“, spottete Gastgeber Stephen Colbert, der scharfzüngige Moderator der „Late Show“, der nebenbei über den notorischen TV-Junkie Trump höhnte. „Warum habt ihr ihm keinen Emmy gegeben? Wenn er einen gewonnen hätte, wäre er vielleicht nie ins Rennen um die Präsidentschaft gegangen!“ Im TV-Duell mit Clinton hatte Trump im Vorjahr darüber lamentiert, dass er als Moderator seiner Reality-TV-Show „Celebrity Apprentice“ Jahr für Jahr bei den Emmys übergangen worden sei. Alec Baldwin, der Trump in der Satireshow „Saturday Night Live“ (SNL) kongenial persifliert und dafür prämiert wurde, ätzte: „Mister President, hier ist endlich Ihr Emmy.“

Als am Ende des Gagfeuerwerks noch Sean Spicer, Trumps zur Kultfigur avancierter Ex-Pressesprecher, mit fahrbarem Pult auf die Bühne flitzte, gefror indessen vielen im Publikum das Lachen. Die Schauspielerin Melissa McCarthy, die Spicer als „Spicey“ in Gastauftritten in SNL verkörperte, hatte die Wirren im Weißen Haus auf die Spitze getrieben. „Dies wird die größte Zuschauerzahl sein, die je die Emmys verfolgt hat. Punkt“, sagte er in Anspielung auf seine legendäre Pressekonferenz nach der Inauguration Trumps, die als „alternative Fakten“ in die Annalen einging. Emmy-Preisträger wie Julia Louis-Dreyfus („Veep“), Nicole Kidman („Big Little Lies“) oder „The Handmaid's Tale“ nach einem Margaret-Atwood-Roman gingen daneben unter – oder fühlten sich bemüßigt, auch einen Trump-Witz zu reißen.

Alles Trump also. Was täte Hollywood ohne den Zampano im Weißen Haus – und vice versa? Wie sagte CBS-Chef Leslie Moonves: „Trump ist möglicherweise nicht gut für Amerika, aber er ist verdammt gut für CBS.“ Das gilt für die ganze US-Medienwelt.

thomas.vieregge@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.