Das katalanische Budget wurde vom spanischen Finanzminister eingefroren. Razzien in Barcelona werden mit dem Vorwurf der "illegalen Finanzierung" des Unabhängigkeitsreferendums argumentiert. Die Stimmung ist angespannt.
Die spanische Regierung versucht mit allen Mitteln, das geplante Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien zu verhindern. Die Zeichen stehen auf Eskalation. Die spanische Polizei durchsuchte am Mittwochmorgen mehrere Büros der katalanischen Regionalregierung in Barcelona. Dabei wurden laut Medienberichten insgesamt zwölf Menschen festgenommen, darunter auch der engste Mitarbeiter von Vize-Regierungschef Oriol Junqueras.
Dabei handelt es sich um den Chef der Abteilung Wirtschaft und Finanzen, Josep Maria Jové, der als "rechte Hand" Junqueras bezeichnet wird. Zuvor hatte ein Sprecher der katalanischen Behörden über die Durchsuchungen informiert: Die Militärpolizei habe die Büros der Abteilungen für Wirtschaft und Außenpolitik sowie des Regierungschefs durchsucht, sagte er.
Nach der Razzia an seinem Amtssitz hat Kataloniens Regierungschef Carles Puigdemont der spanischen Regierung vorgeworfen, über die Region "de facto den Ausnahmezustand" verhängt zu haben. Auch seien die Autonomieregelungen für Katalonien praktisch ausgehebelt, etwa durch die verschärfte Kontrolle der Zentralregierung über ihre Finanzen, sagte Puigdemont am Mittwoch.
Finanzminister friert katalanische Staatskassa ein
Die spanische Regierung argumentiert die Razzien mit dem Vorwurf "illegaler Finanzierung" des verbotenen Unabhängigkeitsreferendums am 1. Oktober mit öffentlichen Geldern. Bereits in der vergangenen Woche stellte Spaniens Finanzminister Cristobal Montoro den katalanischen Haushalt unter strengere Kontrolle, um zu verhindern, dass öffentliche Gelder zur Vorbereitung der - nach Ansicht Madrids - illegalen Volksbefragung benutzt werden.
Nachdem sich der katalanische Vize-Ministerpräsident Junqueras weigerte, Madrid wöchentlich Rechenschaft über die Ausgaben der Regionalregierung zu geben, kam es am Mittwoch zu den Durchsuchungen und Festnahmen im Wirtschaftsressort der Regionalregierung. Zeitgleich legte der Finanzminister der Zentralregierung Montoro die katalanische Staatskasse auf Eis.
Proteste gegen Razzien
In Barcelona kam es bereits zu ersten Bürgerprotesten gegen die Verhaftungen. Nach einem Aufruf der separatistischen Bürgerplattform ANC versammelten sich in der Früh Hunderte von Unabhängigkeitsbefürwortern vor dem Amtsgebäude der Wirtschaftsabteilung, dem Amt für außenpolitische Angelegenheiten und dem Hauptsitz der Regionalregierung auf dem Sant Jaume Platz, um gegen die Festnahmen zu demonstrieren. Tagsüber strömten immer mehr Menschen auf den Platz.
Bei der Razzia im privaten Postunternehmen Unipost in Terrassa kam es in der Nacht auf Mittwoch sogar zu Handgreiflichkeiten zwischen der Polizei und Hunderten von Unabhängigkeitsbefürwortern, die die Beamten an der Beschlagnahmung der Briefe hindern wollten. Die katalanische Regionalregierung hatte das Privatunternehmen mit der Verschickung der Briefe an die Wahlhelfer beauftragt, nachdem die spanische Post alle Briefträger aufforderte, die Wahlpost weder zu befördern und noch zuzustellen.
Madrid torpediert Referendum
Seit der Festsetzung des geplanten Unabhängigkeitsreferendums am 1. Oktober geht die Regierung in Madrid mit zunehmender Härte gegen die katalanischen Bestrebungen vor. Die spanische Generalstaatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen mehr als 700 katalanische Bürgermeister eingeleitet, die das Referendum unterstützen. Wer der Vorladung nicht nachkommt, wird festgenommen. Zudem beauftragte die Staatsanwaltschaft die Guardia Civil auch mit der Suche nach den Wahlurnen, welche die Regionalregierung an einem unbekannten Ort aufbewahrt.
Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy versicherte immer wieder, er werde alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um das Unabhängigkeitsreferendum zu verhindern. "Wie man in den vergangenen Tagen sehen konnte, handelt es sich dabei vor allem um Maßnahmen, die logistische Fähigkeit der separatistischen Regionalregierung in Barcelona zu schwächen, überhaupt einen Volksentscheid mit über 5,5 Millionen Wahlberechtigten durchführen zu können", erklärte Oriol Bartomeus, Politologe an der Universität von Barcelona, der Austria Presse Agentur.
Die Madrider Zentralregierung ließ die Volksbefragung über eine mögliche Loslösung der Region von Spanien vor dem Verfassungsgericht stoppen. Da die spanische Verfassung tatsächlich weder die Abspaltung einer Region noch die Durchführung von Unabhängigkeitsreferenden zulässt, erklärten die Verfassungsrichter das Vorhaben für illegal und verboten sämtliche Maßnahmen und Aktivitäten, ein solches vorzubereiten.
(APA/AFP/dpa)