Gestrichene Flüge: Ryanair will künftig besser informieren

Ryanair strich Tausende Flüge - angeblich wegen fehlerhafter Dienstpläne.
Ryanair strich Tausende Flüge - angeblich wegen fehlerhafter Dienstpläne.REUTERS
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400.000 Kunden sind von den jüngsten Flugstreichungen bei Ryanair betroffen. Probleme könnte es auch mit den scheinselbstständigen Piloten geben. Sie fordern bessere soziale Absicherung.

Die irische Billigflug-Airline Ryanair will von Flugstreichungen betroffene Kunden besser über ihre Rechte und Ansprüche informieren. Das teilte die Fluggesellschaft am Freitag kurz vor Ablauf einer Frist der britischen Zivilluftfahrtbehörde CAA (Civil Aviation Authority) mit.

Ryanair-Kunden, die von den jüngsten Flugstreichungen betroffen sind, sollen demnach eine Email erhalten, in der sie über ihre Ansprüche auf Erstattung, Umbuchung oder Entschädigung informiert werden sollen.

Die Airline war heftig in die Kritik geraten, nachdem sie mehrere Tausend Flüge für die kommenden Monate gestrichen hatte. Betroffen sind rund 400.000 Passagiere. Als Grund hatte Ryanair Fehler bei der Erstellung von Dienstplänen angegeben.

Die CAA hatte der Fluggesellschaft "permanente Irreführung" von Passagieren vorgeworfen. Ryanair habe die Fluggäste bei der massenhaften Streichung von Flügen nicht ausreichend über ihre Rechte informiert.

Kunden und Piloten verärgert

Ryanair kämpft aber nicht nur mit den Kunden, auch bei den Piloten rumort es. Sie fordern gesicherte Beschäftigungsverhältnisse und drohen andernfalls mit Protestaktionen, etwa Dienst nach Vorschrift. Mehr als die Hälfte der für Ryanair arbeitenden Piloten sind nicht bei der Airline direkt angestellt, sondern arbeiten nach Angaben der Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) als "Scheinselbstständige".

Sie müssen eine eigene Kapitalgesellschaft nach britischem Recht gründen und sich dort selbst anstellen, meist sind es kleine Firmen von rund fünf Leuten. Ihre Arbeit verkaufen sie an eine zwischengeschaltete Mittlerfirma, die wiederum von Ryanair Aufträge entgegen nimmt und verteilt. Die Piloten werden nach diesem Contractor-Modell nur dann bezahlt, wenn sie auch fliegen.

Ein Großteil der Ryanair-Piloten hat somit keine klassischen Arbeitnehmerrechte wie einen Kündigungsschutz oder eine Entgeltfortzahlung bei Krankheit. Außerdem drohen ihnen bei einem Aufbegehren Auftragseinbußen. Ryanair hat bisher keinen Betriebsrat. Es herrscht zudem eine große Unklarheit darüber, wo genau Steuern zu zahlen und wie hoch die Anteile zum Beispiel für die Krankenversicherung sind, wie VC herausstellt. Ryanair nutze das aus und verweise auf die Selbstständigkeit und somit auf die Verantwortung der Piloten.

Keine Absicherung für Piloten

Die "atypisch beschäftigten" Piloten des irischen Billigfliegers müssen laut VC zudem für ihre Uniform und jedes Wasser, das sie an Bord trinken, selbst zahlen und Rücklagen für den Krankheitsfall bilden. Am Ende bleibe deutlich weniger Lohn als für normal angestellte Piloten übrig. Außerdem sei die Gefahr groß, dass Piloten krank zur Arbeit erscheinen, was wiederum ein Sicherheitsrisiko sei.

Die betroffenen Ryanair-Piloten fordern regionale Arbeitsverträge mit einer sozialen Absicherung - also einen Vertrag nach dem Arbeitsrecht des jeweiligen Landes, in dem sie stationiert sind. Das sei etwas "absolut Selbstverständliches", betont die VC. Ryanair habe nun zwei Möglichkeiten: Entweder die Führung versuche "endlich mit legalen und anständigen Methoden" eine Lösung zu finden und biete vernünftige Arbeitsverträge an, oder es drohe "noch mehr Chaos". Erst kürzlich hatte Ryanair hunderte Flugstreichungen bekanntgegeben - offenbar wegen einer fehlerhaften Urlaubsplanung. Der Airline sollen aber bereits massenhaft Piloten weglaufen.

Ryanair zufolge ist es gängige Praxis bei Fluggesellschaften, Piloten über das Contractor-Modell anzustellen. Das sei konform mit irischem und europäischem Arbeitsrecht, betont Sprecher Robin Kiely. Das Unternehmen verweist zudem darauf, dass Ryanair-Piloten jährlich bis zu 180.000 Euro bei gesetzlich geregelten Flugzeiten von unter 18 Wochenstunden verdienen könnten. Ob diese Rechnung nur für angestellte oder auch selbstständige Piloten gilt, ließ die Airline offen. VC zufolge umfassen die 18 Stunden aber nur die reine Flugzeit - die tatsächliche Arbeitszeit sei bis zu drei Mal höher.

Jede Airline hat ein sogenanntes Stand-By-Modell, bei der Piloten eine Art Bereitschaftsdienst haben, falls es zu Krankheitsfällen kommt. Ryanair hat nach eigenen Angaben täglich 200 Stand-By-Piloten. Es sei falsch, dass Piloten krank zur Arbeit erschienen, erklärt Ryanair.

(APA/dpa)

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