Junuzovic über Rücktritt: "Das hat nichts mit Koller oder dem ÖFB zu tun"

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Zlatko Junuzovic im "Presse"-Interview: Warum er das Unverständnis mancher Fans verstehen kann, der Zeitpunkt des Rücktritts aber der richtige ist.

Die Presse: Wie viele Tage, Wochen oder gar Monate hat Sie der Gedanke des möglichen Rücktritts begleitet?

Zlatko Junuzovic: Das Thema hat mich wirklich schon längere Zeit beschäftigt, in den vergangenen Tagen und Wochen ist alles noch intensiver geworden. Diese Entscheidung ist mir wirklich sehr, sehr schwer gefallen.

Haben Sie sich auch mit ihren nunmehrigen Ex-Nationalteamkollegen ausgetauscht?

Klar, mit einigen gab es Kontakt, wir haben schon die Monaten zuvor ein bisschen darüber gesprochen. Aber es war jetzt nicht so, dass mich irgendwer versucht hätte zu überreden. Die Gespräche haben mich in meiner Entscheidung nicht beeinflusst. Für mich ist jetzt der beste Zeitpunkt, einen Schlussstrich zu ziehen.

Warum?

Weil ich mehr Zeit mit meiner Familie verbringen, mich auf Werder Bremen konzentrieren möchte. Und ich muss auf meine Belastungssteuerung achten. Die Verletzungen gilt es zu kompensieren. Ich habe einen positiven Abschluss mit den Nationalteam gefunden, blicke auf zwölf tolle Jahre zurück.

Wie haben Ihre ehemaligen Mitspieler reagiert?

Da kamen schon einige eher traurige Nachrichten. Ich habe zu den Jungs immer einen super Kontakt gehabt, auch, als es sportlich nicht so gut gelaufen ist. Wir waren einfach eine Mannschaft. Dass ich ein Teil davon war, macht mich stolz. Ich habe viel Freunde gewonnen.

Sie sind gerade erst 30 Jahre alt geworden. Verstehen Sie das Unverständnis mancher Fans?

Ich weiß, dass es für viele Beobachter ein bisschen zu früh kommt, aber ich habe ein gutes Gefühl dabei. Meine Entscheidung ist durchdacht.

Wäre diese Entscheidung anders ausgefallen, hätte der ÖFB mit Marcel Koller als Teamchef verlängert?

Nein. Es hat auch nichts mit den ganzen Dingen rund um das Team, die in den vergangenen Wochen passiert sind, zu tun. Es ist ausschließlich meine private Entscheidung.

Sie waren zuletzt nicht beim Team. Wie haben Sie das Verbands-Schauspiel aus der Distanz wahrgenommen?

Ich war nicht direkt dabei, habe aber natürliche Gespräche mit anderen Spielern geführt, mich nach der Situation erkundigt. Für alles, was da vorgefallen ist, wer welche Interviews gegeben hat, muss man der Mannschaft noch mehr Respekt zollen, wie sie in den beiden Spielen gegen Serbien und Moldawien aufgetreten ist. Die Außendarstellung des Verbands war nicht wirklich souverän.

Welche Maßnahmen braucht es beim ÖFB jetzt?

In erster Linie braucht der ÖFB Ruhe. Der Weg, den wir in den vergangenen Jahren gegangen sind, war positiv. Man muss ihn weitergehen, aber dafür müssen alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Es muss unser Ziel sein, den österreichischen Fußball dahingehend zu entwickeln, dass wieder eine solche Euphorie entstehen kann wie es vor eineinhalb Jahren der Fall war. Damals hat von der Verbandsspitze bis hin zum Zeugwart jeder an einem Strang gezogen. Dorthin muss man wieder kommen.

Welchen Typ Teamchef könnte das bewerkstelligen?

Es braucht einfach einen Teamchef, der zur Mannschaft passt. Ich will da gar keine Namen nennen, weiß auch nicht, welche Vorstellungen und Ziele die Verantwortlichen verfolgen. Wichtig ist, dass die Mannschaft Spaß und Spielfreude entwickeln kann. Man muss die Jungs Fußball spielen lassen, die können alle kicken. Das haben sie oft genug bewiesen. Ist das der Fall, haben wir sehr gute Chancen, dass schon die nächste EM-Qualifikation gelingt.

Es mutet skurril an, dass ein Teamchef nach einer verpassten WM-Qualifikation bei seinem Abschied regelrecht gefeiert wird. Die Spieler haben Koller Rosen gestreut, von Journalisten gab es bei seiner letzten Pressekonferenz in Wien Standing Ovations. Liegt die Latte wirklich so hoch?

Marcel Koller und auch Willi Ruttensteiner haben in den vergangenen Jahren etwas aufgebaut. Der Schatten, den sie jetzt werfen, der ist zweifelsohne groß. Aber: Man sollte den nächsten Teamchef nicht an Koller messen. Egal, wer es auch wird, er hat sich eine Chance verdient, man sollte ihm die nötige Zeit geben, seine Ideen einzubringen und nicht schon im Vorfeld zu viel künstlichen Druck erzeugen. Nach einer gewissen Zeit lässt sich dann beurteilen, ob seine Arbeit gut war oder eben nicht.

Abschließend: Wer kann Zlatko Junuzovic im ÖFB-Team ersetzen?

Wir haben einige Jungs, die diese Aufgabe erfüllen können, ich denke da etwa an Alessandro Schöpf oder Florian Grillitsch. Nein, wir müssen uns nicht allzu große Sorgen machen.

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