Das Schulz-Scholz-Dilemma der deutschen Sozialdemokratie

Olaf Scholz
Olaf Scholzimago/Metodi Popow
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Hamburgs Bürgermeister und SPD-Vize Scholz fordert ein Ende der "Ausflüchte" nach dem historischen Wahldebakel seiner Partei.

Wann immer in der SPD eine Personaldebatte ausbricht - und das ist ziemlich oft - fällt auch sein Name. Olaf Scholz ist der ewige "Kanzlerkandidat der Reserve", wie ihn der Tagesspiegel einmal nannte. Das Wort des Hamburger Bürgermeisters hat Gewicht. Nun rechnet der SPD-Vize in einem internen Papier mit den Sozialdemokraten ab. Ohne Martin Schulz beim Namen zu nennen, geht Scholz darin deutlich auf Distanz zum Parteichef. Und er fordert eine "schonungslose Betrachtung der Lage".

Nun ist Scholz selbst angeschlagen seit dem G20-Gipfel, der zum Sicherheitsfiasko wurde, mit linken Krawall-Touristen, die marodierend durch Hamburgs Schanzen-Viertel zogen. Aber zwischen der Gipfel-Katastrophe und dem SPD-Papier liegt eben das historisch schlechteste Ergebnis der SPD-Geschichte. 20,5 Prozent bei der Bundestagswahl. Und seither rumort es in der Partei.

Der Titel von Scholz' Papier gibt die Richtung vor: "Keine Ausflüchte". Was er damit meint? Weder die "fehlende Mobilisierung" der eigenen Anhänger, noch ein mangelnder Fokus auf soziale Gerechtigkeit tauge zur Erklärung der Wahlschlappe. Schließlich habe der Wahlkampf "ganz im Zeichen der sozialen Gerechtigkeit" gestanden. Stattdessen seien die Probleme der SPD "grundsätzlicher", schreibt Scholz laut "Süddeutscher Zeitung".

Scholz plädiert für Mitte-Links-Kurs

Inhaltlich rät Scholz, "Fortschritt und Gerechtigkeit in pragmatischer Politik" zu verbinden. Man kann das als Plädoyer für einen stärkeren Mitte-Kurs der SPD lesen. Schulz interpretiert das Wahlergebnis offenbar anders. Im Gespräch mit der „Zeit“ deutete er zuletzt so etwas wie einen Linksruck an. "Wir müssen wieder den Mut zur Kapitalismuskritik fassen“, sagte Schulz. Es gehe sehr wohl um die Systemfrage, führte er aus. Und er benannte den „Geist, den seinerzeit beispielsweise das Schröder/Blair-Papier atmete" als eine der Ursachen für unsere Krise. Der damalige SPD-Kanzler und der britische Labour-Premier hatten in ihrem Papier den "Dritten Weg" formuliert.

Es wird ungemütlich für Schulz. Der Parteichef war zuletzt auch wegen seiner Personalpolitik in die Kritik geraten. Schulz entschied sich für Lars Klingbeil als SPD-Generalsekretär und brachte damit die SPD-Frauen gegen sich auf, die auf eine weibliche Besetzung des Postens gedrängt hatten.

>>> Artikel in der "Süddeutschen Zeitung".

(strei)

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