Analyse

Europas zähe Antwort auf Steuervermeidung

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Noch dieses Jahr soll es endlich eine Schwarze Liste von unkooperativen Staaten geben.

Brüssel. LuxLeaks, Panama Papers, Malta Files, Paradise Leaks: vor drei Jahren brandete jene Welle der Offenbarungen über die Methoden auf, wie multinationale Konzerne und reiche Privatpersonen Einkünfte und Vermögen mittels Briefkastenfirmen in Steueroasen vor dem Zugriff ihres jeweiligen Fiskus verbergen. Ebenso lang ist die derzeitige Kommission unter Präsident Jean-Claude Juncker im Amt, die aktuelle Legislaturperiode des Europaparlaments begann knapp davor. Wie hat die Union also auf diese Enthüllungen reagiert?

Einiges ist seither weitergegangen. Ein paar Beispiele: Konzerne mit einem Jahresumsatz von mehr als 750 Millionen Euro müssen, wenn sie in der EU tätig sind, seit heuer jährlich angeben, wie viel Körperschaftsteuer sie in welchem Land gezahlt haben (allerdings werden diese Daten bis auf Weiteres nicht veröffentlicht). Mit den geografisch am nächsten liegenden Steuerparadiesen Andorra, Liechtenstein, Monaco, San Marino und der Schweiz hat die Union nach langem Tauziehen Abkommen geschlossen über die automatische Weitergabe einschlägiger Finanzdaten von Unionsbürgern, die dort Bankkonten oder sonstige finanzielle Engagements haben. Die für den früheren Luxemburger Ministerpräsidenten und Finanzminister Juncker besonders peinlichen LuxLeaks hatten wiederum zur Folge, dass die steuerlichen Sonderkonditionen für Konzerne, welche Luxemburg und andere Unionsmitglieder im Verhandlungsweg gewähren, von den Juristen unter Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager auf den Verdacht verbotener Staatsbeihilfen geprüft werden: das ist beispielsweise der Ursprung des Rechtsstreits mit dem Silicon-Valley-Riesen Amazon.

Offene Baustellen

Doch zwei wesentliche Maßnahmen, die im Kampf gegen die organisierte Steuerhinterziehung hilfreich wären, kommen nur langsam vom Fleck. Erstens schlägt die Kommission vor, finanzielle Intermediäre – also Rechtsanwälte, Steuer- und Vermögensberater – stärker als bisher und vor allem strafrechtlich in die Pflicht zu nehmen. Dagegen lobbyieren die jeweiligen Standesvertretungen stark. Zweitens konnten sich die EU-Finanzminister bisher nicht auf jene Schwarze Liste unkooperativer Staaten einigen, welche die EU ab kommendem Jahr erstmals anwenden möchte. Offen ist auch, welche Maßnahmen sie gegen derart geächtete Steueroasen ergreifen würde. Am 5. Dezember, beim nächsten Finanzministerrat in Brüssel, soll die Entscheidung endlich fallen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.11.2017)

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