Causa Pilz: Mehr Frauen melden sich

Der Listengründer Peter Pilz sieht sich derzeit mit schwerwiegenden Vorwürfen der sexuellen Belästigung konfrontiert. Immer mehr Frauen melden sich zu Wort.
Der Listengründer Peter Pilz sieht sich derzeit mit schwerwiegenden Vorwürfen der sexuellen Belästigung konfrontiert. Immer mehr Frauen melden sich zu Wort. (c) REUTERS
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Pilz gab an, noch nie in seinem ganzen Leben eine Frau sexuell belästigt zu haben, vermutet hinter den Vorwürfen eine Intrige. Nun melden sich zwei weitere Betroffene zu Wort.

Wien. „Ich habe noch nie in meinem Leben eine Frau sexuell belästigt“, sagte Peter Pilz bei einem Hintergrundgespräch vor Journalisten am Montag – doch die Vorwürfe mehren sich.

Der „Kurier“ berichtet am Dienstag den Vorwurf einer Tiroler Politikerin, der sich bei einem Bundeskongress vor einigen Jahren zugetragen haben soll. „Ich bin an der Bar gestanden, war völlig nüchtern“, schildert die Tirolerin. „Dann kommt der Peter daher, sturzbetrunken, haut mir auf den Popsch und sagt so süffisant: ,Oh Entschuldigung, das darf man ja jetzt nicht mehr machen bei euch. Ich hätte ihm am liebsten eine geschmiert, aber so was traut man sich ja dann doch nicht.“

Auch eine junge Frau aus dem nicht grünen Umfeld hat ihre Erfahrungen mit übergriffigem Verhalten von Peter Pilz gegenüber der „Presse“ geschildert. Er soll sich ihr in einem Lokal bei einem Arbeitsessen unangebracht körperlich genähert haben – sie habe sich gewehrt und ihn weggeschoben. „Ich finde diese Opferrolle, in die er sich jetzt begibt, lächerlich. Viele Frauen kennen seine Schwäche, wenn er getrunken hat – und ich kenne sie auch“, sagt sie. Sie habe mit den unangemessenen Annäherungsversuchen von Pilz damals gut umgehen können. „Grundsätzlich wäre es gut, wenn ein 60-jähriger Mann seine erotische Wirkung auf Frauen realistisch einschätzen würde“, sagt sie.

Peter Pilz war für die „Presse“ nicht erreichbar, auch über Pressesprecher der Liste Pilz konnte kein Statement eingeholt werden. Pilz hatte angekündigt, sich für ein paar Tage zurückziehen zu wollen.

Klagsdrohungen

Er bestritt aber noch am Montag alle Vorwürfe – die „Presse“ hatte zuvor von zwei Fällen berichtet. Pilz soll 2013 eine Mitarbeiterin der europäischen Volkspartei beim Europäischen Forum Alpbach begrapscht haben. Zeugen haben die Aussagen der Frau öffentlich bestätigt.

Weiters hat eine Mitarbeiterin von Pilz eine Beschwerde bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft eingebracht. In den Unterlagen werden rund 40 Vorfälle geschildert, die von despektierlichen Anreden bis zu körperlichen Annäherungsversuchen reichen. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft hat den Vorwurf der sexuellen Belästigung als berechtigt angesehen. Pilz behauptet, dass er von den Grünen keine angemessene Möglichkeit bekommen habe, zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen. Diese seien ihm darüber hinaus nicht zur Kenntnis gebracht worden. Die Grünen bestreiten das – Pilz selbst spricht außerdem in einem von ihm selbst veröffentlichen Tagebuch detailliert von den Vorwürfen.

Pilz sieht in den Vorwürfen politisches Kalkül und vermutet dahinter eine Intrige. Einer der Zeugen für den Alpbach-Vorfall, Oliver Stauber (SPÖ), droht Pilz nun mit Klage. Es gebe drei Zeugen, die auch vor Gericht aussagen würden.

Die Staatsanwaltschaft prüft nun, ob in der Causa Pilz ein Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung gegeben ist. Was genau geprüft wird, konnte StA-Sprecherin Nina Bussek am Dienstag noch nicht sagen: Man untersuche einmal, ob überhaupt in irgendeine Richtung der Verdacht auf Begehung einer Straftat gegeben sei. Offiziell steht die Liste Pilz trotz der Vorwürfe hinter ihrem Gründer, intern soll es laut „Presse“-Informationen aber durchaus zu heftigen Diskussionen kommen – nicht alle sind der Meinung von Neo-Mandatar Peter Kolba, der Pilz überreden will, sein Mandat doch noch anzunehmen. Kolba hat dafür sogar eine Petition gegründet.

An- oder Rücktritt?

Pilz hatte bei einer Pressekonferenz am Samstag verkündet, sein Mandat nicht annehmen zu wollen, am Montag sagte er dann im Ö1-Morgenjournal, noch einmal darüber nachdenken zu wollen, es doch anzunehmen. Bei einem Hintergrundgespräch Montagmittag verkündete er dann wieder, es nicht annehmen zu wollen, aber weiterhin in der Politik bleiben zu wollen. Heute, Mittwoch, soll endgültig entschieden werden, wie sich der Klub aufstellen will – dieser muss sich vor der Angelobung im Nationalrat (Donnerstag) konstituieren. Falls Peter Pilz bei seiner angekündigten Entscheidung bleibt, ist wahrscheinlich, dass Daniela Holzinger den Klub anführen wird. Aber auch eine Interimslösung mit Wolfgang Zinggl an der Spitze soll diskutiert werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.11.2017)

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