Nach Blutbad in Texas muss Luftwaffe Fehler einräumen

26 Kreuze erinnern an die Opfer des Blutbads von Sutherland Springs.
26 Kreuze erinnern an die Opfer des Blutbads von Sutherland Springs. (c) APA/AFP/MARK RALSTON
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Der Attentäter von Sutherland Springs, der in der Kirche seiner Schwiegereltern ein Blutbad anrichtete, hätte keine Waffe besitzen dürfen.

Sutherland Springs. Wie konnte das passieren? Drei Tage nach dem Massaker in einer texanischen Kirche, bei dem 26 Menschen – darunter 14 Kinder – ums Leben kamen, ist die US-Luftwaffe in die Kritik geraten und muss sich für einen fatalen Fehler verantworten.

Devin Kelley, ein 26 Jahre alter ehemaliger Luftwaffe-Soldat, hätte jene Waffe – ein halbautomatisches Gewehr der Marke Ruger – nie erwerben dürfen, mit der er während eines Gottesdienstes im kleinen Örtchen Sutherland Springs in US-Bundesstaat Texas das Feuer auf die versammelte Kirchengemeinde eröffnete. Im Jahr 2012 verurteilte ein Militärgericht den Mann wegen häuslicher Gewalt zu einer zwölfmonatigen Haftstrafe. Die Luftwaffe verabsäumte aber, Kelleys Vorstrafe an das FBI zu melden. In den Datenbanken der Sicherheitsbehörden fand sich somit kein Eintrag des Vorstrafenregisters.

Mit einer Vorgeschichte von häuslicher Gewalt wäre es Kelley nicht möglich gewesen, jenes Gewehr und drei weitere Waffen (legal) zu erwerben, die der Attentäter am Sonntag benutzte bzw. in seinem Auto dabei hatte. Die Schusswaffen hatte er 2016 bei Händler in Texas und in Colorado gekauft, beim erforderlichen Backgroundcheck war alles in Ordnung erschienen.

US-Präsident Donald Trump war schnell mit seinen Beteuerungen, dass Massaker wie eben jenes im ländlichen Texas nichts mit den lockeren Waffengesetzen der USA zu tun hätten. Denn eben jene Waffengesetze hätten es möglich gemacht, dass ein Anrainer zweimal auf den Attentäter schießen konnte und so „wohl Schlimmeres verhinderte“. Alle involvierten Behörden kündigten rasch an: Eine Untersuchung werde eingeleitet, eine Überprüfung veranlasst. Luftwaffe und Pentagon wollen checken, ob auch alle Verurteilungen durch ein Militärgericht in den vergangenen Jahren tatsächlich Eingang in das nationale Strafregister gefunden haben.

Häusliche Gewalt

Gegen den Attentäter, der sich auf der Flucht selbst erschoss, war es laut US-amerikanischen Medien 2012 zu einem Verfahren am Luftwaffenstützpunkt Holoman in New Mexico gekommen, nachdem er seine damalige Ehefrau und seinen Stiefsohn mehrfach misshandelt hatte. In den Gerichtsakten ist die Rede davon, dass er seine Frau mehrfach mit einer geladenen Waffe bedroht und seinen Stiefsohn so schwer misshandelt hat, dass das Kleinkind eine Schädelfraktur erlitt und nur knapp überlebte. Außerdem wurde 2013 gegen Kelley wegen sexueller Belästigung und Vergewaltigung ermittelt, es kam aber zu keinem Verfahren. 2014 wurde er schließlich aus der Armee entlassen. Kurz darauf heiratete er ein zweites Mal.

Und mit einem Streit mit seiner zweiten Frau dürften auch die Motive für das Blutbad in Sutherland Springs zusammenhängen: Laut Polizei hatte sich das Paar entfremdet. Kelley dürfte seine Schwiegermutter per SMS bedroht haben, zuletzt am Sonntagfrüh. Die Familie seiner Frau besuchte fallweise die Gottesdienste in der Baptistenkirche, vergangenen Sonntag waren sie nicht dort. Die Großmutter der Frau allerdings schon, sie ist eines der Opfer. Was genau den Attentäter dazu veranlasste, aus einem häuslichen Drama eine nationale Tragödie zu machen, ist noch unklar.

In Sutherland Springs versuchen die Menschen zu verstehen, was geschehen ist. In den Abendstunden hatten sich mehrere hundert Menschen mit Kerzen zu einer Mahnwache getroffen. 26 Kreuze haben sie errichtet, für jedes der Opfer eines. „Wir hoffen, es bleibt bei 26“, sagte einer der Trauernden. Einige der Schwerverletzten würden noch um ihr Leben kämpfen. (zoe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.11.2017)

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