Neue Vorwürfe: May beordert Ministerin aus Afrika retour

Priti Patel könnte am Mittwoch ein letztes Mal in die Downing Street beordert werden.
Priti Patel könnte am Mittwoch ein letztes Mal in die Downing Street beordert werden.APA/AFP/DANIEL LEAL-OLIVAS
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Innerhalb nur einer Woche geraten vier britische Kabinettsmitglieder in Bedrängnis: Entwicklungsministerin Priti Patel dürfte eine geschäftige Privatreise nach Israel zum Verhängnis werden.

Das Kabinett der britischen Premierministerin Theresa May kommt nicht zur Ruhe. Nach dem Rücktritt von Verteidigungsminister Michael Fallon wegen sexueller Belästigung vergangene Woche und ähnlichen Anschuldigungen gegen Kabinettschef Damian Green sind nun zwei weitere Minister unter Beschuss geraten. Für Entwicklungsministerin Priti Patel könnte am Mittwoch bereits der Rausschmiss aus Mays Kabinett drohen. Außenminister Boris Johnson musste sich am Dienstag im Parlament wegen Äußerungen über eine im Iran inhaftierte Britin rechtfertigen.

Trotz der Rücktrittsforderungen gingen britische Medien davon aus, dass Premierministerin May einen weiteren Abgang in ihrem Kabinett um jeden Preis verhindern will. Sie sprach am Dienstag sowohl Johnson als auch Patel ihr "volles Vertrauen" aus. Doch Entwicklungsministerin Priti Patel dürfte nach neuen Enthüllungen kaum mehr zu halten sein, die Zeichen deuten auf Rauswurf.

Am Mittwoch beorderte May sie nach Großbritannien zurück, Patel brach ihre Afrikareise ab. Die Ministerin musste sich bereits gegenüber Premierministerin May entschuldigen, weil sie sich im Sommer während eines Privaturlaubs in Israel ohne entsprechenden Auftrag und ohne Kenntnis der Regierung mit Premierminister Benjamin Netanyahu und weiteren Behördenvertretern getroffen hatte. Am Montag musste Patel zugeben, dass es noch mehr unauthorisierte Termine in Israel gegeben hat - unter anderem in einem Militärspital bei den Golanhöhen, die von Israel besetzt sind, von Großbritannien aber nicht anerkannt wird.

Johnson wackelt, wird aber vorerst nicht fallen

Außenminister Boris Johnson hat sich mit einer unbedachten Äußerung über eine iranisch-britische Doppelstaatsbürgerin in die Bredouille gebracht. Er soll die Situation der zu fünf Jahren Haft verurteilten Nazanin Zaghari-Ratcliffe erheblich verschlimmert haben, so die Kritik. Mehrere Labour-Politiker forderten seinen Rücktritt.

Johnson dagegen lehnte es am Dienstag im Parlament mehrfach ab, einen Fehler einzugestehen. Er hatte während einer Ausschusssitzung vergangene Woche gesagt, Nazanin Zaghari-Ratcliffe habe während eines Aufenthalts im Iran Journalisten ausgebildet. Ihr Ehemann Richard Ratcliffe bestreitet das. Seine Frau sei mit der kleinen Tochter rein privat in das Land gereist, um ihre Eltern zu besuchen. Der Frau, die sowohl die britische als auch die iranische Staatsbürgerschaft besitzt, wird vorgeworfen, "Propaganda gegen die Regierung" verbreitet zu haben.

Die Aussage Johnsons habe dazu geführt, dass seine Frau erneut vor Gericht gestellt wurde, so Ratcliffe. Er hatte eine öffentliche Richtigstellung vom Außenminister gefordert. Auch der Arbeitgeber der Frau, die Thomson-Reuters-Stiftung, rief Johnson auf, den "schwerwiegenden Fehler" zu korrigieren.

"Es tut mir natürlich leid, wenn meine Worte so sehr aus dem Kontext gerissen und ausgelegt wurden, dass sie der Familie von Nazanin Zaghari-Ratcliffe Sorge bereitet haben", sagte Johnson am Dienstag im Parlament. Er kündigte zudem an, noch in diesem Jahr nach Teheran zu reisen, um sich für eine Freilassung Zaghari-Ratcliffes einzusetzen.

Aus dem Londoner Außenministerium hieß es am Dienstag, Johnson habe seinem iranischen Amtskollegen Mohammed Javad Zarif bei einem Telefongespräch mitgeteilt, die Äußerungen lieferten keine "vertretbare Grundlage für rechtliche Schritte" gegen die Frau. Zarif habe ihm daraufhin versichert, die Aussagen Johnsons hätten keinen Einfluss auf den Prozess in Teheran.

(APA/dpa)

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