Kindergartenstudie: Kein Fehlverhalten, aber Mängel

Ednan Aslan.
Ednan Aslan. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Ednan Aslan kann kein „wissenschaftliches Fehlverhalten“ bei seiner Kindergartenstudie nachgewiesen werden, ein Einfluss des Ministeriums steht aber „außer Streit“.

Wien.Ednan Aslan kann aufatmen. Bei der Prüfung seiner umstrittenen Vorstudie zu islamischen Kindergärten in Wien ist „kein Verstoß gegen die Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis festgestellt worden.“ Zu diesem Ergebnis kommt die Kommission für wissenschaftliche Integrität, die sich unter Stephan Rixen von der Universität Bayreuth die Arbeit des Wiener Religionspädagogen angesehen hat.

Der Jurist entlarvte einst die Doktorarbeit des deutschen Ex-Verteidigungsministers Karl-Theo von Guttenberg als Plagiat. Das Ergebnis wurde von Heinz W. Engl, Rektor der Universität Wien und Rixen (der per Videokonferenz zugeschalten war) am Mittwoch präsentiert. Ednan Aslan wurde in einem „Falter“-Artikel vorgeworfen, seine Kindergarten-Vorstudie sei von zwei Beamten des Integrationsministeriums – die ÖVP-Chef Sebastian Kurz unterstehen – manipuliert worden. Schon davor hatten Experten die Wissenschaftlichkeit der Arbeit kritisiert.

32 Seiten umfasst das Gutachten der Kommission – es teilt sich in fünf Teilgutachten mit Fokus unter anderem auf Islamwissenschaften und Elementarpädagogik auf. „Es ist keine tolle Studie gewesen, aber es gibt kein wissenschaftliches Fehlverhalten im engeren Sinn“, fasst Rixen zusammen.

Und hier beginnt das große Aber. Denn auch, wenn die Gutachter kein vorsätzliches Fehlverhalten festgestellt haben, kritisierten sie den Inhalt der Arbeit. Die Kommission äußerte zum Teil „deutliche Kritik an der wissenschaftlichen Gültigkeit der Studie“, fasste Rektor Engl zusammen.

Stellen „nicht nachvollziehbar“

„Die Gutachten sagen durchaus, dass es einzelne Stellen gibt, die nicht nachvollziehbar sind. Nicht alles in der Studie ist nobelpreisverdächtige Forschung“, präzisierte Rixen. Im Detail kritisierte er, dass manchmal „zu pauschale Aussagen“ in der Studie getroffen wurden, obwohl das statistische Material gering war. Das „Mindestmaß“ an wissenschaftlichen Arbeiten sei aber nicht unterschritten worden.

Es stehe aber „außer Streit, dass es Einfluss seitens des Ministeriums gab“ – obwohl im entsprechenden Fördervertrag nie die Rede davon war, dass das Ministerium überhaupt am Abschlussbericht mitwirken dürfe. Es habe „viel Rücksprache“ zwischen Aslan und dem Ministerium gegeben – meistens nur redaktioneller Art, aber es fanden, – wenn auch selten – „Inhaltsverschiebungen statt“, so Rixen. Als Beispiel nannte er etwa den im „Falter“ zitierten Satz wonach muslimische Eltern für ihre Kinder „Werte wie Respekt, Gelassenheit, Individualität“ etc. suchten. Daraus wurde: Besonders wichtig sei Eltern, dass ihnen „islamische Werte“ vermittelt werden.

Die Kommission sprach für ihre Beurteilung unter anderem mit Aslan und holte eine Stellungnahme vom ranghöheren der Beamten im Integrationsministerium ein. Mit jenem Unternehmensberater, der für Aslan Teile der Studie durchführte, und der später monierte, das Material sei nicht korrekt wiedergegeben worden – sprach sie nicht. Die Kommission hatte aber sein Datenmaterial zur Verfügung – und kam zum Schluss, dass Daten verschieden interpretiert werden können, so Rixen.

Masterarbeit „nicht tragbar“

Rektor Engl kündigte als Konsequenz die Erarbeitung von Richtlinien an, die die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Politik regeln soll. Denn die gibt es nicht. „Insofern können fehlende Regeln auch nicht gebrochen werden“, ergänzte Rixen in Hinblick auf die Studie.

Engl ergänzte zum Abschluss: „Für mich als Mathematiker war die statistische Datenbasis an manche Stellen einfach zu gering.“Das kritisiert auch Ulrike Felt, Dekanin an der Fakultät für Sozialwissenschaften: „Wenn ich eine Handvoll Leute interviewe, kann ich keine Aussage treffen: So und so viel Prozent meine dies und das.“ Als Masterarbeit wäre Aslans Studie „nicht tragbar“ gewesen. Sie erwarte sich sauberes empirisches Arbeiten von einem Professor. „Der hat Vorbildfunktion.“

Eines hat das Kommissionsergebnis auch geschafft – jeder fühlt sich bestätigt. Die SPÖ in ihrer Kritik am Mangel der Studie, die ÖVP, weil „kein Fehlverhalten“ nachgewiesen werden konnte. (win)

AUF EINEN BLICK

Prüfung. Die Österreichische Agentur für wissenschaftliche Integrität hat die Vorstudie zu islamische Kindergärten von Ednan Aslan überprüft. Sie kommt zum Schluss, dass „kein wissenschaftliches Fehlverhalten“ vorliegt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2017)

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