Andreas Ulmer: Die große Stunde eines Verschmähten

„Es geht wieder bei null los“, sagt Rückkehrer Andreas Ulmer.
„Es geht wieder bei null los“, sagt Rückkehrer Andreas Ulmer.(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
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Neuer Teamchef, neue Chance: Franco Foda hat Andreas Ulmer zurückgeholt, die Salzburg-Stammkraft darf auf einen Einsatz gegen Uruguay hoffen und könnte die ewige Diskussion um die Linksverteidigerposition beenden.

Marbella/Wien. Will der neue Teamchef, Franco Foda, tatsächlich wie angekündigt vermehrt Spieler aus der heimischen Bundesliga einsetzen, dann kommt er an einem Mann nicht vorbei: Andreas Ulmer, 32, ist nicht nur seit 2009 die Konstante beim Ligakrösus Salzburg, sondern mit 256 Einsätzen und acht Meistertiteln auch der Dauerläufer der Bundesliga. Der Linksverteidiger ist stets gesetzt, egal, wer in Salzburg gerade auf der Trainerbank sitzt, egal, welches System in Wals-Siezenheim gerade en vogue ist.

In Marbella gibt der Oberösterreicher dieser Tage sein Comeback im Nationalteam. Von Marcel Koller noch verschmäht, wurde er von Foda ins Teamcamp einberufen, „etwas unerwartet“, erzählt Ulmer, „aber ganz mit dem Nationalteam abgeschlossen hatte ich nicht“. Der neue Sportdirektor, Peter Schöttel, begründete es so: „Er bringt seit Jahren Topleistungen auf nationalem und vor allem auch auf internationalem Niveau.“

Die Zahlen belegen das, nur Koller hat den Linksverteidiger partout nicht berücksichtigt. An Christian Fuchs und dessen Ersatz Markus Suttner war unter dem Schweizer kein Vorbeikommen, zuletzt war Ulmer im November 2014 anlässlich eines Freundschaftsspiels gegen Brasilien (1:2) im Aufgebot. Auf Kollers Abrufliste hingegen war er Stammgast, und so hoffte er 2016 nach einem neuerlichen Double mit Salzburg vergebens auf die Einberufung zur Euro 2016, verschob deshalb seine Hochzeit. Doch selbst nach dem Rücktritt von Kapitän Fuchs setzte Koller lieber auf Ulmers Salzburger Konkurrenten Stefan Stangl, obwohl dieser im Verein keinen Auftrag gegen den Routinier hatte.

Im vergangenen Juni kam es endgültig zum Zerwürfnis. Ulmer setzte seine Hochzeit zeitgleich mit der WM-Qualifikationspartie in Irland an, obwohl er einmal mehr auf der Abrufliste stand. „Es war die Entscheidung von meiner Frau und mir, an diesem Tag zu heiraten, wir hatten die Hochzeit davor schon zweimal verschoben. Ich war vorher selten ein Thema beim Nationalteam und habe nicht damit gerechnet, dass ich für das Irland-Spiel ein Thema werde“, sagt der Oberösterreicher, der zu dieser Zeit auch an einer Knieblessur laborierte und Rückendeckung vom damaligen Salzburg-Coach, Óscar García, erhielt („Ich habe wenige Spieler gehabt, die so professionell sind“).

Vor dem Testspiel am Dienstag im Happel-Stadion gegen Uruguay darf sich der einzige Ü30-Profi in Fodas Aufgebot nun Hoffnungen auf seinen ersten Teameinsatz seit drei Jahren machen. „Ich gehe ganz entspannt an die Sache heran“, meint der Linksverteidiger. Ob Foda auf dieser Position längerfristig mit der Salzburg-Stammkraft plant, klärt sich erst im Frühjahr, wenn der verletzte Bayern-Star David Alaba wieder zum Nationalteam stößt. Nur so viel ist vom Neo-Teamchef bekannt: Auch Foda sieht in Alaba ein Universaltalent, das nicht nur auf seiner Bayern-Stammposition, sondern „auf mehreren Positionen“ eingesetzt werden kann.

Fünf Tage nach dem Uruguay-Match stehen sich Ulmer und Foda ohnehin wieder als Kontrahenten gegenüber: Am 19. November steigt in Wals-Siezenheim der Bundesligaschlager zwischen Meister Salzburg und dem von Foda betreuten Tabellenführer, Sturm Graz. „Schon komisch, aber so ist eben der Fußball“, sagt Ulmer. (joe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2017)

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