Auf der Suche nach einem Ministeramt für Köstinger

Bleibt Elisabeth Köstinger im Parlament, oder wird sie Ministerin im Kabinett Kurz?
Bleibt Elisabeth Köstinger im Parlament, oder wird sie Ministerin im Kabinett Kurz?(c) APA/HERBERT NEUBAUERUER)
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Koalition. Ist die neue Nationalratspräsidentin nur eine Platzhalterin im Parlament? Das hängt davon ab, welche Ressorts die ÖVP bekommt.

Wien. Die Wahl von Elisabeth Köstinger zur Nationalratspräsidentin bleibt umstritten. Nicht nur, weil die ÖVP-Politikerin bisher nicht im Parlament vertreten war, sondern auch, weil sie bald als Ministerin in die Regierung wechseln könnte. Ob das so kommen wird? Köstinger selbst wich dieser Frage bisher aus. Auch Parteiobmann Sebastian Kurz dürfte noch nicht entschieden haben, welches Amt eine seiner engsten Vertrauten künftig bekleiden wird. Personalentscheidungen fallen in Koalitionsverhandlungen meist erst am Schluss.

An sich wäre Köstinger für ein Ministerium vorgesehen, allerdings ist offen, ob es überhaupt ein passendes Ressort für sie geben wird. Die 38-Jährige soll Interesse am Außenministerium bekundet haben. Doch das reklamieren auch die Freiheitlichen für sich – sehr zum Missfallen von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der der neuen Regierung eine klare Pro-EU-Linie vorgeben will. Und das wird mit einem FPÖ-Ressortchef nur schwer gehen.

EU-Agenden ins Kanzleramt?

Ein möglicher Kompromiss wäre die Teilung des Ressorts – bei der Köstinger allerdings durch die Finger schauen würde. Demnach würden die EU-Agenden ins Bundeskanzleramt wandern, zu Sebastian Kurz. Während ein freiheitlicher Ressortleiter – Vizeparteiobmann Norbert Hofer oder, wie man hört, die Nahost-Expertin Karin Kneissl – mit der restlichen Außenpolitik betraut wird.

Apropos Kanzleramt: Da könnte Sebastian Kurz tatsächlich jene Richtlinienkompetenz umsetzen, die er im Wahlkampf eingefordert hat. Und zwar nicht über eine Gesetzesänderung, sondern, indem er die Zuständigkeit für das Budget zu sich holt. Wer das Budget verantwortet, kann bekanntermaßen auch in die anderen Ressorts hineinregieren. Das Finanzministerium wäre dann in seiner Bedeutung deutlich beschnitten – so es nicht mit anderen Kompetenzen angereichert wird.

Für Elisabeth Köstinger gibt es noch eine zweite Möglichkeit: das Landwirtschaftsministerium. Als Bauernbündlerin würde sie eine der zentralen Voraussetzungen in der ÖVP erfüllen. Wobei fraglich ist, ob es das Ministerium in dieser Form weiterhin geben wird. Die Überlegungen gehen dahin, ein großes Wirtschaftsressort zu bilden, das auch die Landwirtschafts- und Umweltagenden mitbetreut. Und das dürfte – um den Wirtschaftsflügel in der Partei nicht zu verärgern – eher ein Wirtschaftsbündler anführen. Möglich wäre aber auch, dass Ex-Rechnungshof-Präsident Josef Moser ein um die Restfinanzagenden aufgewertetes Wirtschaftsressort bekommt.

Es ist also nicht auszuschließen, dass Köstinger doch Nationalratspräsidentin – immerhin einer der prestigeträchtigsten Jobs der Republik – bleibt. Zumal das Kanzleramtsministerium (oder Staatssekretariat), ihre dritte Option, eher mit dem Wiener Parteichef Gernot Blümel besetzt wird.

Die FPÖ sucht Ministerinnen

In der FPÖ scheint klar zu sein, dass das Führungstrio Heinz-Christian Strache, Norbert Hofer und Herbert Kickl in Ministerämter aufsteigt. Ob sie ihre Wunschressorts Inneres (Strache), Äußeres (Hofer) und Soziales (Kickl) bekommen, ist aber noch offen. Hofer käme auch als Sozialminister infrage. Als ministrabel gelten außerdem Volksanwalt Peter Fichtenbauer und der niederösterreichische Parteiobmann Walter Rosenkranz, der auch Klubchef werden könnte – oder Dritter Nationalratspräsident, wenn Norbert Hofer in die Regierung wechselt.

In der FPÖ ist die Auswahl an ministrablen Frauen nicht allzu groß. Für das Gesundheitsministerium käme die oberösterreichische Primarärztin Brigitte Povysil infrage, die seit Donnerstag wieder im Nationalrat sitzt. Auch die 25-jährige Salzburger Landesparteichefin Marlene Svazek wurde von Strache genannt. Petra Steger, Spielerin in der Basketballbundesliga, wird als Sportstaatssekretärin gehandelt.

Keinen logischen Ministerkandidaten gibt es für das Verteidigungsressort, und zwar in beiden Parteien. Über Wolfgang Sobotka heißt es, er könnte den Zuschlag bekommen, wenn das Innenministerium an die FPÖ geht. Aber dasselbe sagt man über Sobotka und das Bildungsministerium. Karl Nehammer, Nationalratsabgeordneter und Milizoffizier, wäre eine andere Möglichkeit – er wurde von Kurz auch in die Koalitionsverhandlungen berufen.

In der FPÖ gelten Wehrsprecher Reinhard Bösch und der steirische Parteiobmann Mario Kunasek, ein Unteroffizier, als Kandidaten. Oder aber es gibt erstmals eine Verteidigungsministerin. Darüber wird derzeit zumindest diskutiert. Wenn auch noch ohne Namen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2017)

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