Wie man straft und sein Geschäft bewahrt

Olympia 2018 ohne Russland: auf den ersten Blick drakonisch, bei genauerer Betrachtung ein sehr mildes Urteil.

Milde wird in der Welt der Olympier stets denen zuteil, die Macht und Geld besitzen. Diese Botschaft transportiert in Wahrheit das Urteil der Exekutive des Internationalen Olympischen Komitees im Fall Russlands „Ausschluss“ bei den Winterspielen 2018. Russische Athleten dürfen unter neutraler Flagge starten, manch Funktionär wird zwar sein Russland-Haus vermissen wegen rauschender Feiern. Aber für Ersatz ist in Pyeongchang sicherlich, womöglich unter IOC-Flagge, gesorgt.

Wladimir Putin kann zufrieden sein. Die Boykottandrohung war überraschend früh vom Tisch, womit davon auszugehen war, dass sich IOC-Präsident Thomas Bach und er geeinigt haben könnten. Irgendeine Maßnahme musste ja getroffen werden, der Glaubwürdigkeit zuliebe.
Zwei Dopingreports, die erschreckende Machenschaften aufdeckten mit über 1000 Sportlern in einem jahrelang, staatlich organisierten Dopingsystem; der Zorn über die Chuzpe, dass Dopingtests in Sotschi 2014 durch das Loch einer Klowand vom Geheimdienst ausgetauscht wurden; drei Jahre später 25 verhängte, lebenslängliche Sperren für Einzelsportler – alles scheint mit diesem Urteil ausgeräumt. Es gibt auch keine Geldstrafe, Russland muss 15 Millionen Dollar bezahlen; quasi als „Aufwandsentschädigung“ für alle neu geprüften Dopingtests. Das IOC verbannte nur zwei Putin-Wegbegleiter auf Lebenszeit: Ex-Sportminister Witali Mutko bleibt trotzdem im Fifa- und WM-Komitee. Für Alexander Schukow, er stand Russlands Olympiakomitee vor, finden sich andere Aufgaben.

Keine Mannschaft, keine Hymne, keine Flagge – trotzdem werden in Südkorea Russen auf Medaillenjagd gehen. Ihre offizielle Bezeichnung: „Olympic Athletes from Russia“. Dieses „Mascherl“ schmückt, wobei nicht unerwähnt bleiben darf, dass ein Komplettausschluss, der naiven Hoffnung zuliebe, auch Unschuldige getroffen und das TV-Quoten starke Eishockeyturnier nach Fernbleiben aller NHL-Spieler endgültig entwertet hätte. So gibt es keine Diskussion mehr: jeder wird gleichbehandelt kontrolliert.

Dass das russische Staats-TV die Spiele 2018 nicht übertragen wird, ist belanglos. Das IOC verdient allein in Europa bis 2024 1,3 Milliarden Euro. Ach: am Schlusstag der Spiele in Pyeongchang tagt die IOC-Exekutive wieder. Vielleicht kehrt Russland dann als Nation in voller Stärke, mit einem neuen TV-Vertrag, zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 6.12.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Kameramann filmt IOC-Schriftzug
Wintersport

Russische Kritik an IOC-Entscheidung: "Unmoralisch und unprofessionell"

Die Vorstände diverser russischer Sportverbände taten ihren Unmut über den Olympia-Ausschluss kund. Das russische Staatsfernsehen wird die Olympiabewerbe nicht übertragen.
Eine Frau hält eine russische Fahne vor dem IOC-Gebäude
Wintersport

IOC schließt Russland von Olympia 2018 aus

Als Reaktion auf Staatsdopingskandal ist Russland als Nation bei den Winterspielen in Pyeongchang im Februar nicht erwünscht. Saubere russische Athleten dürfen unter IOC-Flagge antreten.
Russische Fahne mit Olympischen Ringen
Wintersport

Die Chronologie des russischen Dopingskandals

Im Dezember 2014 brachte eine ARD-Dokumentation einen der größten Dopingskandale ins Rollen, eine Wada-Sonderkommission ermittelte und das IOC fällte schließlich eine Entscheidung.
ÖOC-Präsident Karl Stoss
Wintersport

ÖOC-Stellungnahme: "Begrüßen das klare Bekenntnis"

Die österreichischen Verantwortlichen haben zur IOC-Entscheidung Stellung genommen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.