"Da ist der Stempel 'Vorsätzlichkeit und grobe Fahrlässigkeit' drauf": Die neue Museumsleitung richtet heftige Vorwürfe an die frühere Direktorin Husslein-Arco.
Zwischen großer Freude und großem Ärger schwankte heute das neue Leitungsduo des Belvedere bei seiner ersten Jahrespressekonferenz. "Wir sind sehr froh und sehr stolz, weil das Jahr 2017 wieder als ein Rekordjahr in die Annalen eingehen wird", sagte Generaldirektorin Stella Rollig. Aber: "Wir finden hier einen Zustand vor, der skandalös ist", so der Wirtschaftliche Geschäftsführer Wolfgang Bergmann.
"Wir haben in den vergangenen Monaten laufend neue Mängel entdeckt", sagte Rollig. Bergmann richtete zahlreiche Vorwürfe an die ehemalige Belvedere-Chefin Agnes Husslein-Arco, von der man "ein schweres Erbe" übernommen habe.
Kälteanlagen und fehlende behördliche Genehmigungen
Die jüngste Entdeckung von Missständen betreffe die auf dem denkmalgeschützten Dachboden des Belvedere befindlichen Kälteanlagen, die ein neu ans Haus geholter Klimaspezialist vor wenigen Tagen in Augenschein genommen und danach "mit bleichem Gesicht" Bericht erstattet habe. Man habe die betreffenden Anlagen nun sofort und kontrolliert heruntergefahren und behelfe sich seither provisorisch.
Mitarbeiter seien in mehreren Fällen von der früheren Geschäftsführung angewiesen worden, fehlende behördliche Genehmigungen bewusst zu ignorieren. "Das ist ein fahrlässiger Umfang mit Weltkulturerbe. Es geht hier um Milliardenwerte. Wir finden hier einen Zustand vor, der skandalös ist. Ich bin voll der Sorge, was wir noch weiter finden werden."
Außerdem seien Brandschutztüren ausgebaut worden, "weil man aus ästhetischen Gründen was anderes haben wollte". Das im Unteren Belvedere geplante Cafe (die Causa ist Teil der Regressforderungen) sei bewusst ohne Betriebsstättengenehmigung betrieben worden. "Da ist der Stempel 'Vorsätzlichkeit und grobe Fahrlässigkeit' drauf. Es ist ein Grundmuster, dass gesetzliche Vorschriften in den Wind geschlagen wurden."
100.000-Euro-Ankauf gescheitert
"Die Presse am Sonntag" berichtete über Regressforderungen gegenüber Husslein-Arco, auch betreffend ein bestelltes, aber nicht geliefertes Kunstwerk, für das 100.000 Euro gezahlt wurden. Es sei "sehr unüblich, dass man ein Kunstwerk bezahlt, bevor es geliefert wurde", sagte Rollig. Laut "Kurier" handelt es sich um eine Arbeit von Friederike Pezold, was Bergmann nicht offiziell bestätigen wollte. "Die Künstlerin hat uns mitteilt, dass das Werk beschädigt ist und hat nicht geliefert", so Bergmann. Man versuche nun im Klagsweg das Geld von der Künstlerin zurückzufordern, erst im Nichteinbringungsfall werde man sich an Husslein-Arco wenden. "Wir haben es vorsorglich zu den Regressforderungen angemeldet", gab Bergmann zu.
Die wirtschaftliche Bilanz des Museums ist dagegen äußerst positiv: 1,43 Millionen Besuche werden 2017 voraussichtlich gezählt werden können (2016: 1,329 Mio.), die Ticketerlöse haben Anfang Dezember erstmals die Zehn-Millionen-Euro-Grenze überstiegen und werden zu Jahresende voraussichtlich über elf Millionen Euro betragen. Man profitiere dabei von der allgemeinen positiven Tourismusentwicklung Wiens, von der Ausweitung der Öffnungszeiten, der Erhöhung der Ticketpreise und einem höheren Anteil zahlender Besucher, sagte Bergmann. Der Eigendeckungsgrad werde voraussichtlich erstmals über 60 Prozent liegen. Nachdem man auf der Kostenseite vermutlich unter dem Vorjahr liegen werde, könnten Deckungsvorsorgen für die dringend nötigen Investitionen in die Infrastruktur gemacht werden.
(APA)