Seniorenrat warnt vor "Pflegeregress durch die Hintertür"

Korosec und Blecha
Korosec und BlechaAPA/HANS PUNZ
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Die Seniorenvertreter befürchten, dass die Abschaffung des Pflegeregresses wieder rückgängig gemacht wird, indem für Heimbewohner der 13. und 14. Bezug gestrichen wird.

Der Seniorenrat hat am Donnerstag einen umfassenden Forderungskatalog an die schwarz-blauen Regierungsverhandler vorgelegt. Verlangt werden u.a. Verbesserungen in den Bereichen Pensionen, Pflege, Gesundheit, Steuern und Sozialversicherung. Der vor drei Wochen von der Vollversammlung des Seniorenrates beschlossene Leitantrag wurde in die Verhandlungen eingebracht.

Die beiden Präsidenten Ingrid Korosec (ÖVP) und Karl Blecha (SPÖ) zeigten sich in einer Pressekonferenz zuversichtlich, dass sie damit auch Gehör finden werden. Korosec, die selbst Mitglied des ÖVP-Verhandlungsteams ist und in den Fachgruppen Soziales und Pensionen verhandelt, erläuterte, dass es in den Fachgruppen zu manchen Bereichen Übereinstimmung gebe. Welche das sind, wollte sie jedoch nicht verraten. Eine Einigung gebe es allerdings erst, wenn auch die Steuerungsgruppe mit den Parteichefs zustimmt. Blecha meinte, er könne sich nicht vorstellen, dass die Forderungen der Senioren negiert werden.

In Sachen Pflege warnte Blecha davor, dass die Abschaffung des Pflegeregresses durch die Hintertür wieder rückgängig gemacht wird, indem für Heimbewohner der 13. und 14. Bezug gestrichen wird. Korosec bezweifelte die von manchen Ländervertretern genannten Mehrkosten von bis zu 500 Millionen Euro für die Abschaffung des Regresses. Die Präsidentin des ÖVP-Seniorenbundes sprach von 150 Mio. Euro für 2018. Sie bekräftigte die Forderung nach einer umfassenden Pflegereform und verlangte ein Bekenntnis zu einer "Steuerfinanzierung aus einer Hand". Eine Finanzierung aus einer Hand wünscht sich Korosec auch für eine Gesundheitsreform.

Sparpotenzial von sieben Milliarden Euro

Bei den Pensionen geht es den Senioren in erster Linie um eine Angleichung des tatsächlichen an das gesetzliche Pensionsalter. In diesem Ziel stimme man mit der Regierung überein, dazu seien viele Maßnahmen nötig. Korosec verwies darauf, dass eine Erhöhung um ein Jahr 1,3 Milliarden Euro bringe. Könnte man das tatsächliche Pensionsalter auf 65 anheben, würde man sieben Mrd. Euro einsparen. Wenn das gelinge, seien auch die Pensionen gesichert und eine große Reform wie unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) wäre derzeit nicht nötig, meinte Korosec.

Stattdessen gehe es um eine steuerliche Förderung der zweiten und dritten Säule und Maßnahmen, damit die Menschen länger in Beschäftigung bleiben können. Eine vorzeitige Anhebung des Frauenpensionsalters sei vom Tisch, erläuterte Korosec. Langfristig könnte man ihrer Ansicht nach aber eine Reform überlegen, die etwa statt eines gesetzlichen Alters eine Referenzalter vorsehen könnte. Blecha betonte, dass er Adaptierungen im Pensionssystem immer zugestimmt habe, etwaigen Pensionskürzungen würde er aber "heftigen Widerstand" entgegensetzen.

Seniorenvertrater pochen "mit Nachdruck" auf "Aktion 20.000"

Bei den Sozialversicherungen bekräftigten die beiden Seniorenrats-Präsidenten die Forderung nach Mitbestimmung. Wenn die Selbstverwaltung erhalten bleibe, müssten die Senioren auch ein Stimmrecht bekommen. Korosec und Blecha verwiesen darauf, dass die Senioren mehr als ein Drittel in die Krankenversicherung einzahlen. Deshalb hätten sie auch ein Recht darauf, mitbestimmen zu können.

Für die rund 211.000 Bezieher einer Ausgleichszulage fordert der Seniorenrat eine Erhöhung der Negativsteuer von derzeit 110 Euro. Einen konkreten Betrag wollte Blecha dazu nicht nennen. "Mit Nachdruck" ersuchte der Präsident des SPÖ-Pensionistenverbandes die neue Regierung, auch die "Aktion 20.000" für ältere Langzeitarbeitslose wie beschlossen beizubehalten.

(APA)

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