Leitartikel

Die Trump-Revolution stößt an ihre Grenzen

Überraschender Sieg des Demokraten Doug Jones bei der Senatswahl in Alabama.
Überraschender Sieg des Demokraten Doug Jones bei der Senatswahl in Alabama.APA/AFP/JIM WATSON
  • Drucken

Die Schlappe der Republikaner bei der Senatswahl in Alabama verheißt einen Auftrieb für die Demokraten – und einen „Bürgerkrieg“ in der Grand Old Party.

Nach der Weihnachtsfeier im Weißen Haus gab sich Donald Trump ungewohnt kleinlaut. An der Schlappe der Republikaner in Alabama mochte der Präsident vorerst nicht rütteln. „Ein Sieg ist ein Sieg“, kommentierte er den überraschenden Sieg des Demokraten Doug Jones bei der Senatswahl im tiefen Süden der USA, einer Hochburg der Republikaner, dem „rotesten der roten“ Bundesstaaten. Anderntags zeigte sich Trump als gewohnt schlechter Verlierer und war um Schadensbegrenzung bemüht.
Es ist tatsächlich mehr eine Niederlage der Republikaner als ein Sieg der Demokraten. Der Außenseiter Jones wusste nicht so recht, wie ihm geschah, als er an seinem 25. Hochzeitstag – der zugleich den letzten demokratischen Triumph in Alabama markiert –, unter den Klängen der inoffiziellen Landeshymne, Lynyrd Skynyrds „Sweet Home Alabama“, seinen Wahlsieg feierte. Denn die Partei des Präsidenten hat sich selbst um ihren Erfolg gebracht. Erst zog sie in der Vorwahl den Hardliner Roy Moore, einen erzkonservativen Richter, dem Favoriten des Parteiestablishments, Luther Strange, vor. Stephen Bannon, Ex-Chefstratege Trumps und Wahlkampf-Mastermind, hatte seinen Kandidaten durchgeboxt. Als Missbrauchsvorwürfe gegen Moore auftauchten, schlug sich Trump mit aller Macht auf dessen Seite.

Die Nachwahl in Alabama polarisierte das republikanische Lager und gab einen Vorgeschmack auf die Grabenkämpfe. Senatsführer Mitch McConnell und andere drängten Moore zum Rückzug. Richard Shelby, der langjährige republikanische Senator aus Alabama, rief sogar dazu auf, seinen Parteifreund nicht zu wählen. Umso eifriger zogen indessen Trump und Bannon für den Ultrarechten in die Schlacht, einen Verfechter des Waffenrechts und radikalen Abtreibungsgegner, der sich in der Pose des Cowboys hoch zu Ross und mit Revolver gefiel.

Die Wahl in Alabama hat Signalcharakter. Sie wirft einen Schlagschatten auf die Kongresswahl im November 2018. Womöglich werden die Amerikaner dann ohnehin längst die Nase voll haben von den Umtrieben des Twitter-Königs im Weißen Haus und seiner irrlichternden Politik. Bis dahin wird der Präsident noch mehr in Bedrängnis geraten sein – durch die Untersuchungen des Sonderermittlers Robert Mueller in der Russland-Affäre und womöglich auch durch die #MeToo-Bewegung. Für die Grand Old Party verheißt dies nichts Gutes. Ihr droht der Verlust der Kongressmehrheit – und zwar in beiden Häusern.

Im Senat ist die republikanische Mehrheit auf zwei Stimmen geschrumpft. Für die Trump-Regierung wird es angesichts unsicherer Kantonisten und Trump-Kritiker wie John McCain, Bob Corker oder Susan Collins noch schwieriger, ihre Anliegen durchzubringen. Der Versuch, Obamacare auszuhebeln, geriet so bereits zum Fiasko. Die ohnehin umstrittenen Prestigeprojekte Trumps – Steuerreform, der Mauerbau, das Einreiseverbot – werden auf neue Hürden prallen. Die Abgeordneten werden eher an ihrer Wiederwahl interessiert sein als an der Umsetzung der zum Teil unpopulären Trump-Agenda.

Für die Republikaner könnte der Wahlkampf für die Midterm Elections zum „Bürgerkrieg“ ausarten. Bannon hat der Parteielite den Kampf angesagt, und die wird nach dem Debakel in Alabama nun zurückschlagen. Die Trump-Revolution ist mit der Niederlage des Parteigängers Roy Moore, einer Galionsfigur des nationalistischen Trump-Amerika, an ihre Grenzen gestoßen – selbst in Alabama, das im Vorjahr noch mit 62 Prozent für Trump votiert hatte.

Die Demokraten dagegen sind nach den Siegen bei den Gouverneurswahlen in New Jersey und Virginia und nun in Alabama dagegen im Aufwind. Sie hatten ihre Promis in die Wahlschlacht geworfen, den schwarzen Senator Cory Booker und den aus Alabama stammenden Ex-Basketballstar Charles Barkley, um die afroamerikanische Mehrheit zu mobilisieren. Nach ihrem „Trauerjahr“ scheint die demokratische Basis elektrisiert. Die Lektion lautet jedoch auch, dass die Demokraten nur mit moderaten Kandidaten punkten können und nicht mit prononciert linksliberalen – erst recht in den Südstaaten und im Mittelwesten.

E-Mails an: thomas.vieregge@diepresse.com

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Doug Jones fuhr in Alabama den Senatssitz des nunmehrigen Justizministers Jeff Sessions für die Demokraten ein.
Außenpolitik

Das Alabama-Fiasko schwächt Trump

Der Demokrat Doug Jones gewinnt in Wahlen den Senatssitz in Alabama, einer Hochburg der Republikaner. Das verschärft den Richtungsstreit in der zerstrittenen Partei des US-Präsidenten.
Das Magazin „Politico“ nannte den Wahlausgang ein „Erdbeben“.
Außenpolitik

Schwere Schlappe für Trump und die amerikanischen Rechtspopulisten

Der Demokrat Doug Jones gewinnt den Senatssitz im US-Bundesstaat Alabama. Damit schrumpft die Mehrheit von Trumps Republikanern im Senat auf 51 zu 49 Sitzen.
Der siegreiche Demokrat Doug Jones.
Außenpolitik

US-Senatswahl: Demokrat siegt in republikanischer Hochburg

Der Demokrat Doug Jones hat überraschend die Nachwahl für einen Senatssitz im US-Bundesstaat Alabama, der seit zwei Jahrzehnten in Republikaner-Hand ist, gewonnen. Die Mehrheit der Republikaner im Senat schmilzt auf 51 zu 49 Stimmen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.