ÖVP und FPÖ planen bei Arbeitslosen einen Paradigmenwechsel. Es sieht danach aus, dass ein System wie Hartz IV in Deutschland eingeführt wird.
Die Vorschläge im Regierungsprogramm sind noch nicht detailliert ausgearbeitet, aber ÖVP und FPÖ planen beim Arbeitslosengeld einen Paradigmenwechsel. Es sieht danach aus, dass ein System wie Hartz IV in Deutschland eingeführt wird.
Konkret sind zwei Änderungen vorgesehen.
+ Die Notstandshilfe soll abgeschafft und in das Arbeitslosengeld integriert werden, wobei die Untersützung im Laufe der Zeit abnimmt. Im Regierungsprogramm steht wörtlich: "Arbeitslosengeld Neu: Degressive Gestaltung der Leistungshöhe mit klarem zeitlichen Verlauf und Integration der Notstandshilfe." Ähnlich wie beim Hartz IV-Modell in Deutschland ist davon auszugehen, dass Langzeitarbeitslose nach einer gewissen Zeit die bedarfsorientierte Mindestsicherung bekommen
+ Die zweite wichtige Änderung betrifft die Höhe des Arbeitslosengeldes. Derzeit richtet sich die Höhe des Arbeitslosengeldes nach dem früheren Einkommen. Künftig soll die Beitragsleistung berücksichtigt werden. „Eine längere Beitragsleistung führt zu längerer Bezugsdauer“, heißt es im Regierungsprogramm. Das bedeutet, dass ältere Arbeitslose länger Arbeitslosengeld beziehen können.
Einige wichtige Änderungen „Ein Bezugszeitraum des Arbeitslosengeldes, der von den vorherigen Versicherungszeiten abhängt, impliziert, dass die Existenzsicherung durch die Arbeitslosenversicherung - im Gegensatz zur derzeitigen Rechtslage - zumindest für einen Teil der Versicherten ausläuft“, sagt Wifo-Arbeitsmarktexperte Helmut Mahringer zur „Presse“. „Langzeitarbeitslose werden somit, nach einem noch nicht festgelegten Zeitraum, mit Auslaufen der Existenzsicherung durch das AMS und sofern sie keinen Job finden, von der bedarfsorientierten Mindestsicherung abhängig, falls sie nicht über andere Einkommensquellen im Haushalt (wie Einkommen anderer Haushaltsmitglieder, Unterhaltsansprüche) oder Vermögen verfügen. Für die Gewährung der bedarfsorientierten Mindestsicherung wird dies jedenfalls geprüft und die Leistungen werden gegebenenfalls entsprechend reduziert oder fallen weg“, so Mahringer.
Das neue System hätte für die Betroffenen gravierende Konsequenzen. Denn im Gegensatz zur Notstandshilfe wird bei der Mindestsicherung auf das Vermögen des Leistungsbeziehers zugegriffen. So müssen bei der Mindestsicherung nicht benötigte Kraftfahrzeuge und Ersparnisse über einem Betrag von 4189 Euro (Wert von 2016) verwertet werden. Bei selbst bewohnten Häusern und Eigentumswohnungen kann das Sozialamt nach sechs Monaten eine grundbücherliche Sicherstellung seiner Forderung vornehmen lassen. In Wien liegt die Mindestsicherung für Einzelpersonen bei 844,46 Euro, allerdings plant die Regierung auch bei der Mindestsicherung Änderungen.
Die Koalition verspricht, die Abgabenquote in Österreich auf 40 Prozent zu senken. Die Abschaffung der kalten Progression (automatische Anpassung der Grenzbeträge für die Progressionsstufen auf Basis der Inflation des Vorjahres) soll „geprüft“ werden. Konkret ist bisher, dass der Umsatzsteuersatz für Hotelübernachtungen von 13 auf zehn Prozent gesenkt werden soll. (c) Bruckberger Geplant ist der Ausbau flexibler Arbeitszeitmodelle. Künftig soll die tägliche Arbeitszeit – auf betrieblicher Ebene, im Einvernehmen mit dem Betriebsrat und unter bestimmten Umständen – auf zwölf Stunden und die wöchentliche auf 60 Stunden angehoben werden können. Die Höhe des Arbeitslosengeldes soll künftig sinken, je länger man arbeitslos ist. (c) imago stock&people (imago stock&people) Versprochen sind eine Senkung der Körperschaftsteuer und der Lohnnebenkosten sowie eine Entbürokratisierung, etwa bei der Lohnverrechnung. Details sind aber noch ausständig. Kleinen und mittleren Unternehmen soll ein Ausbau der alternativen Finanzierungsmethoden zugutekommen. Auch soll Forschung stärker gefördert werden. EPA Pro Kind soll es eine Steuergutschrift von 1500 Euro pro Jahr geben. Im Gegenzug werden der Kinderfreibetrag (440 bzw. je 300 Euro, wenn ihn beide Eltern geltend machen) und die Absetzbarkeit der Betreuungskosten (bis zu 2300 Euro) gestrichen. Der neue Kinderbonus steht bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres zu und ist nicht negativsteuerfähig. (c) Clemens Fabry Verbale Beurteilungen werden zurückgedrängt: Ab der ersten Klasse Volksschule soll es wieder klassische Noten von eins bis fünf geben. Schüler mit schlechten Deutschkenntnissen kommen in eigene Deutschklassen. Wer sich vom Religionsunterricht abmeldet, muss in den Ethik-Unterricht gehen. Vom 26. Oktober bis 2. November gibt es einheitliche Herbstferien. (c) Clemens Fabry Studiengebühren in noch unbekannter Höhe („moderat“) werden eingeführt, sie sollen später steuerlich abgesetzt werden können. Studenten wird in den ersten Semestern das Erreichen einer bestimmten Zahl von ECTS-Punkten vorgeschrieben. ÖH-Mittel sollen nur für Beratung und Interessenvertretung von Studenten verwendet werden, nicht für Allgemeinpolitisches. imago/Future Image Die Mindestpensionen für Personen, die lange Versicherungszeiten aufweisen können, werden angehoben. Gleichzeitig sollen Pensionsprivilegien im staatlichen und staatsnahen Bereich stufenweise abgeschafft werden. Wer in der Pension weiter arbeitet, spart sich die Bezahlung des Pensionsbeitrags. Bei Berufsunfähigkeit kommt eine „Teilpension“. APA/BARBARA GINDL Wer einen Asylantrag stellt, dem wird das Bargeld abgenommen – um die Grundversorgung zu finanzieren. Auch die Handydaten sollen ausgelesen werden. Für Asylwerber soll es außerdem in Zukunft nur noch Sachleistungen geben – eine eigene Unterkunft dürfen sie sich nicht suchen. Bei einigen Verfahren werden die Beschwerdefristen verkürzt. Die Presse (Clemens Fabry) Völlig losgelöst von den Bundesländern kann die Regierung das nicht entscheiden, aber ÖVP und FPÖ wollen ein einheitliches Modell für die Mindestsicherung. Für Familien würde es maximal 1500 Euro geben, außerdem müssten Bezieher zuletzt fünf Jahre in Österreich gelebt haben. Asylberechtigte würden 365 Euro plus 155 Euro Integrationsbonus erhalten. (c) Clemens Fabry Die zuletzt im Vorjahr angehobenen Strafdrohungen bei Gewalt- und Sexualdelikten sollen weiter verschärft werden. Zudem will die Koalition prüfen, ob junge Erwachsene (zwischen 18 und 21 Jahren) künftig dieselbe Strafe wie ältere Täter erhalten sollen. Im Suchtmittelgesetz will man bereits den Verkauf von Hanfsamen und Hanfpflanzen verbieten. imago/Eibner Die Koalition will kurzfristige Mieten erlauben. Die Möglichkeiten, in den Mietvertrag von Verwandten einzutreten, werden eingeschränkt (Abschaffung des „Mietadels“). Das Verbot, in Gründerzeitvierteln einen Lagezuschlag zu verrechnen, entfällt. Mieter im sozialen Wohnbau sollen mehr zahlen müssen, wenn ihr Einkommen nach dem Einzug steigt. APA/HELMUT FOHRINGER Das laut Gesetz ab Mai 2018 geltende völlige Rauchverbot in Lokalen wird wieder gekippt. Lokale bis 75 Quadratmeter (bisher 50) sollen reine Raucherlokale sein dürfen, größere einen Nichtraucherbereich anbieten. Unter-18-Jährige dürfen nicht im Raucherteil sitzen. Wirte sollen eine monatliche Abgabe pro Verabreichungsplatz im Raucherbereich zahlen müssen. (c) Clemens Fabry Das Regierungsprogramm lehnt eine Veräußerung einzelner ORF-Sender ab und kündigt Folgendes an: eine digitale Vermarktungsplattform für ORF und Privatmedien. Das Aus für die Verlautbarungspflicht für Unternehmen in der „Wiener Zeitung“, die wichtigste Einnahmequelle der republikseigenen Zeitung. Eine „Österreich“-Quote für Sender wie Ö3. (c) Clemens Fabry Sowohl das Heeresnachrichtenamt und das Abwehramt im Verteidigungsministerium als auch das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung im Innenressort sind politisch blau geführt. Auch wenn von einer erweiterten Meldepflicht die Rede ist, dürfte sich nicht viel ändern: Bereits jetzt gab es einen wöchentlichen Bericht an das Kanzleramt. (c) Bruckberger Was das Regierungsprogramm für den einzelnen Österreicher bedeutet Immer mehr Notstandshilfebezieher Derzeit erhalten Menschen, die arbeitslos werden und bestimmte Voraussetzungen erfüllen, für mindestens 20 Wochen Arbeitslosengeld. Der Grundbetrag macht 55 Prozent des früheren Nettoeinkommens aus, eventuell erhöht durch Familienzuschlag und Ergänzungsbeitrag. Wer nach Auslaufen des Arbeitslosengeldes noch keinen Job hat, kann die Notstandshilfe beantragen. Diese beträgt maximal 95 Prozent des vorher bezogenen Grundbetrags des Arbeitslosengeldes. Die Notstandshilfe wird grundsätzlich ein Jahr lang gewährt, kann aber immer wieder verlängert werden. Langzeitarbeislose können die Notstandshilfe sehr lang beziehen. Genau das soll künftig nicht mehr möglich sein.
Faktum ist, dass in den vergangenen Jahren die Zahl der Menschen, die Notstandshilfe beziehen, stark gestiegen ist. Im Jahr 2011 gab es in Österreich 113.877 Notstandshilfebezieher. Im Vorjahr waren es bereits 182.079 Menschen. Es gibt in Österreich mittlerweile mehr Notstandshilfebezieher als Personen, die das Arbeitslosengeld ausbezahlt bekommen. Im Vorjahr lag die Zahl der Arbeitslosengeldbezieher bei 164.328 Personen.
Ein historischer Systembruch Die geplanten Änderungen sorgen für Kritik. Judith Pühringer, Geschäftsführerin von arbeit plus, dem österreichweiten Netzwerk von 200 Sozialen Unternehmen, sagte zur "Presse": „Eine Streichung der Notstandshilfe stürzt bis zu 160.000 Menschen in Einkommensarmut. Das ist ein historischer Systembruch hin zu einem Hartz IV-System in Österreich. Wir können uns bei unseren deutschen Nachbarn anschauen, wohin Hartz IV führt: Nämlich in Armut und ein Endlos-Hamsterrad ohne Perspektiven. Hartz IV hat in Deutschland aus armen Arbeitslosen arme Erwerbstätige gemacht. HartzIV ist eine Sackgasse: Während in Deutschland mehr als 15 Prozent der Arbeitslosen mehr als vier Jahre einen Job suchen, sind dies in Österreich nur etwas über fünf Prozent.“
Volkspartei und Freiheitliche haben sich auf ein Arbeitsprogramm für die kommende Legislaturperiode (2017 bis 2022) verständigt. "Zusammen. Für unser Österreich" lautet der Titel des 182 Seiten umfassenden Koalitionspaktes, der sich in fünf große Kapitel gliedert: 1) Staat und Europa2) Ordnung und Sicherheit3) Zukunft und Gesellschaft4) Fairness und Gerechtigkeit5) Standort und Nachhaltigkeit Die "Presse" gibt einen Überblick über die wichtigsten Punkte. (c) APA Geschaffen wird ein "Familienbonus Plus". Dieser kommt in Form eines Abzugsbetrages von 1500 Euro pro Kind und Jahr. Der Abzugsbetrag steht bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres zu, sofern Anspruch auf Familienbeihilfe besteht und das Kind in Österreich lebt. Im Gegenzug erfolgt die Streichung des Kinderfreibetrages (440 bzw. je 300 Euro, wenn beide Eltern geltend machen) und der Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten (bis zu 2300 Euro pro Kind und Jahr). Der "Familienbonus Plus" ist nicht negativsteuerfähig. Um das Schaffen eines Eigenheimes zu erleichtern, sollen staatliche Gebühren und Steuern im Zusammenhang mit dem Eigentumserwerb wegfallen. Weiters soll der Arbeitslosenversicherungsbeitrag für niedrige Einkommen gesenkt werden. Antragslose Verfahren zum Erhalt von Familienbeihilfe werden ausgebaut. Leben die Kinder im Ausland, soll die beantragte Familienbeihilfe an die jeweiligen Lebenserhaltungskosten der Staaten angepasst werden. (c) Clemens Fabry Eingeführt wird eine erhöhte Mindestpension von 1200 Euro für Menschen mit 40 Beitragsjahren. Ehepaare erhalten bei 40 Beitragsjahren eines Partners zumindest 1500 Euro. Die Höhe der Pensionen sollen jährlich auf Vorschlag der Pensionskommission angepasst werden. Ein legistisches Mega-Projekt ist die Neukodifizierung des ASVG in verschiedene "Bücher". Neu ist vor allem, dass auch Pflege- und Arbeitslosenversicherungsrecht eingebettet werden sollen. www.BilderBox.com Etabliert werden soll eine neue Pensionsversicherungsanstalt als erste Säule einer neuen Sozialversicherung, die für alle Pensionen zuständig sein soll. Ein größerer Einschnitt ist eine Ablöse des Berufsschutzes durch einen Einkommensschutz. Eingeführt werden soll auch ein Teilpensionsrecht als Einkommensschutz, wenn ein erlernter und höher bezahlter Beruf auf Grund körperlicher Gebrechen nicht mehr ausgeübt werden kann. "Stufenweise, konsequent und nachhaltig" sollen alle noch verbliebenen Pensionsprivilegien abgeschafft werden. Die Altersteilzeit wird ein Stück zurückgedrängt. Das Zugangsalter soll um zwei Jahre auf 55 für Frauen bzw. 60 für Männer steigen. Die Presse Die Zahl der Sozialversicherungen soll deutlich reduziert werden. Die derzeit 21 Träger sollen auf maximal vier bis fünf Träger zurückgefahren werden. Außerdem vorgesehen ist eine Lohnnebenkostensenkung um 500 Millionen Euro (Absenkung des Unfallversicherungsbeitrags auf 0,8 Prozent). Die AUVA muss bis Ende 2018 Reformerfolge vorweisen, sonst wird sie aufgelöst. (c) APA Beim eigentlich für ab Mai 2018 geplanten Rauchverbot in der Gastronomie hat sich die FPÖ durchgesetzt: Die einst von SPÖ und ÖVP beschlossene Regelung wird gekippt. Gäste können daher vorerst weiter in abgetrennten Räumlichkeiten Zigaretten konsumieren. Zugleich wird der Nichtraucherschutz für Jugendliche verstärkt: Erst mit 18 Jahren wird Rauchen genehmigt, Unter-18-Jährige dürfen nicht mehr im Raucherbereich sitzen, fahren sie in einem Auto mit, darf dort ebenfalls nicht geraucht werden. (c) APA Das aktive Wahlalter bei Betriebsratswahlen soll von 18 auf 16 Jahre gesenkt werden. Verbesserungen plant man im Schulärztesystem, etwa eine anonyme und elektronische Auswertung der schulärztlichen Untersuchungen und die Herausgabe eines jährlichen evidenzbasierten Gesundheitsberichtes auf Basis der schulärztlichen Untersuchungen. Die Kontrollinstrumenten bei Kinder- und Jugendhilfe (z.B. Vier-Augen-Prinzip) sollen ausgebaut werden. Eine Digitalisierung der Schulbuchaktion wird geprüft. "Menschen, die arbeiten oder jahrelang einen Beitrag für Österreich geleistet haben, sollen finanziell besser gestellt sein als andere, die das nicht tun oder getan haben", heißt es im Koalitionspakt. Konkret bedeutet das die Einführung einer "Mindestsicherung Neu". Pro Familie wird diesemit 1500 Euro gedeckelt. Für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte wird die Leistung auf 365 Euro Grundleistung sowie einen möglichen Integrationsbonus von 155 Euro reduziert. Anspruch auf Mindestsicherung hat außerdem nur, wer in den vergangenen sechs Jahren mindestens fünf Jahre legal in Österreich gelebt hat. (c) APA Eingeführt wird eine Arbeits- und Teilhabepflicht für Sozialhilfebezieher ab dem 15. Lebensjahr (bei Bildungsmaßnahmen keine Altersgrenze nach unten). Wird diese Pflicht verletzt kann es zur Kürzung bzw. vollständigen Sperre der Sozialhilfe kommen. Weiters geplant ist ein intensives Coaching und signifikante Kürzungen bei Arbeitsverweigerung oder Schwarzarbeit. Auch gibt es verpflichtende Beratungen zur Rücksiedlung in das Heimat- oder Herkunftsland. (c) APA Die neue Regierung bekennt sich zur Senkung der Steuer- und Abgabenquote in Richtung 40 Prozent (derzeit 43,2). Das Einkommensteuergesetz soll als "EStG 2020" umfassend reformiert werden - dazu soll zu Jahresbeginn eine "Taskforce" im Finanzministerium eingerichtet werden. Sie soll u.a. dafür sorgen, dass die Lohnverrechnung vereinfacht und zentral vorgenommen wird. Die Prüfer der Finanzämter und der Gebietskrankenkassen werden in einer Prüfbehörde zusammengefasst. In einem zweiten Schritt soll die gesamte Einhebung aller lohnabhängigen Abgaben durch die Finanzverwaltung erfolgen. Die steuerliche Förderung der Altersvorsorge soll "modernisiert" werden. Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen sollen unter dem Begriff "Abzugsfähige Privatausgaben" zusammengeführt werden. (c) Presse Österreich soll in puncto Tourismus wettbewerbsfähiger werden - und zwar durch die Senkung der Umsatzsteuer aus Übernachtungen von 13 auf zehn Prozent. Bei (Internet-)Bestellungen aus dem EU-Ausland soll ab dem ersten Euro Umsatzsteuer anfallen (bisher unterliegen Bestellungen aus Nicht-EU-Ländern unter 22 Euro nicht der Umsatzsteuer). Als weiteres Ziel wird im Koalitionspakt die Sendung der Körperschaftssteuer (KöSt) ausgegeben. Wie, ist offen. Bagatellsteuern wie die Schaumweinsteuer sollen geprüft werden. Bei der Normverbrauchsabgabe ist ein aufkommensneutraler Systemwechsel mit Fokus auf den Verbrauch anstelle der Motorleistung angeacht. Die NoVA-Befreiung für hochpreisige Kraftfahrzeuge mit Hybridantrieb wird gestrichen. APA/BARBARA GINDL Im Wirtschaftsbereich wollen ÖVP und FPÖ die unter den Sozialpartnern höchst umstrittene Arbeitszeitflexibilisierung einführen - und die Höchstgrenze der Arbeitszeit auf zwölf Stunden täglich und 60 Stunden wöchentlich anheben. Ein weiterer Kernpunkt: die Entbürokratisierung. Alle neuen Gesetze sollen künftig einem "Bürokratie-Check" unterzogen und bestehende Vorschriften mit dem Ziel einer Reduktion durchforstet werden. Darüber hinaus ist eine Fachkräfteoffensive und die Stärkung der dualen Berufsausbildung geplant. Die Zulassung qualifizierter Arbeitskräfte aus dem Ausland soll "bedarfsorientiert" gestaltet werden. Arbeitszulassung und Zuwanderungsformen will man künftig klarer trennen. Die Rot-Weiß-Rot-Card soll weiterentwickelt werden. Neugestaltet wird das Arbeitslosengeld: Je länger man es bezieht, umso niedriger wird es. Auch die Notstandshilfe soll in diesem neuen Arbeitslosengeld aufgehen. Bis zum Jahr 2030 soll der gesamte Strom in Österreich aus erneuerbaren Energiequellen stammen. Außerdem will Schwarz-Blau Österreich zu einem Vorreiter in der modernen Umwelttechnologie machen, eine entsprechende nationale Klima- und Energiestrategie soll hierfür noch ausgearbeitet werden. Ziel sei aber jedenfalls, bis 2020 bei den Treibhausgasemissionen ein Minus von 16 Prozent gegenüber 2005 zu erreichen, bis 2030 sollen sie um mindestens 36 Prozent reduziert werden. "Green Jobs" sollen forciert und ein nationaler Aktionsplan für Bioökonomie beschlossen werden. Auf Kohle und Atomkraft soll vollständig verzichtet werden. Die Presse Geplant ist eine "Beschleunigung von Prüfverfahren bei Infrastrukturprojekten", um Projekte wie die Dritte Start- und Landebahn am Flughafen Wien oder den Wiener Lobau-Tunnel rascher umsetzen zu können. Weiters soll es ein besseres Fördersystem für Elektro-Autos geben sowie steuerliche Anreize für emissionsarmes oder emissionsfreies Fahren. imago/Christian Ohde Im Bildungsbereich setzt die neue Regierung auf die Einführung einer Bildungspflicht statt der bisher neunjährigen Schulpflicht, neue Leistungsüberprüfungen sowie den Erwerb von Deutschkenntnissen vor dem Eintritt in den Regelunterricht. Realisiert werden soll das zweite verpflichtende Kindergartenjahr - für Kinder mit Sprachproblemen bzw. mit anderen Auffälligkeiten. Im Kindergarten soll es wie schon jetzt Sprachstandsfeststellungen geben - wer es benötigt, soll verbindlich Sprachförderung erhalten. Das Kindergartenpersonal soll höhere Standards für die Aus-, Fort- und Weiterbildung bekommen - insbesondere soll das Leitungspersonal eine tertiäre Ausbildung vorweisen. Kindergärten sollen außerdem einen "verbindlichen Wertekanon" erhalten und die öffentliche Hand "verstärkte Kontroll-und Sanktionsmöglichkeiten" bei etwaigen Verletzungen. (c) Presse Wie bisher sollen schulpflichtige Kinder, die aber noch nicht schulreif sind, eine Vorschulklasse besuchen. Wer nicht ausreichend Deutsch beherrscht, muss eine "Deutschklasse" absolvieren. Beendet wird die verpflichtende Schullaufbahn nicht mehr wie bisher nach neun Jahren, sondern erst nach Erreichen bestimmter Kernkompetenzen (Lesen, Rechnen, Schreiben, soziale und kreative Kompetenzen). Wer diese nicht aufweist, muss nach Ende der neunten Schulstufe eine Förderklasse besuchen. In Sachen Leistungsbeurteilung gibt es ein Bekenntnis zur fünfteiligen Notenskala von Sehr Gut bis Nicht Genügend. Alternative Beurteilungen können zusätzlich vergeben werden. Die derzeit in diversen Gesetzen (Schulunterrichtsgesetz, Schulorganisationsgesetz etc.) enthaltenen schulrechtlichen Bestimmungen sollen künftig in einem einheitlichen Bundesbildungsgesetz aufgehen. Erhalten bleiben soll die Sonderschule. ÖVP und FPÖ rücken in ihrem Regierungsprogramm im Kapitel "Europa und Außenpolitik" die Verankerung Österreichs als EU-Mitglied, die Neutralität, die aktive Mitwirkung in internationalen Organisation wie der UNO sowie eine "effiziente Entwicklungszusammenarbeit" ins Zentrum. Österreich werde als "integraler Teil" EU an deren Weiterentwicklung mitwirken und zwar in Richtung eines "Weniger, aber effizienter". Angedacht ist, dass das Parlament eventuell künftig Fragen prüft, ob Maßnahmen auf der bestmöglichen Verwaltungsebene (EU, Nationalstaat, Region, Gemeinde) geregelt sind. Die EU solle sich auf "die wesentlichen, für gemeinsame Lösungen geeigneten Themen" beschränken. Weitere Punkte im Bereich Europapolitik: Für einen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei sollen Verbündete gesucht werden. (c) APA Mehr Personal soll es für die Polizei geben. Bis 2019 sollen bis zu 2000 Ausbildungsplätze geschaffen werden. Entwickelt werden soll ein kombinierter Lehrberuf Verwaltungs- und Exekutivlehrling. Beschlossen werden soll ein Sicherheitspaket, mit dem Lücken bei der Überwachung internetbasierter Telekommunikation geschlossen werden sollen. Dabei dürfe es jedoch zu keiner "massenwirksamen Überwachung" kommen. Das Sicherheitspaket soll zudem zeitlich befristet beschlossen und parlamentarisch evaluiert werden. Eingeführt werden soll weiters ein Straftatbestand für nachrichtendienstliche Aktivitäten zum Nachteil von Privatpersonen. Auch wird die Möglichkeit zur Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler mit deutscher und ladinischer Muttersprache geschaffen. (c) Presse Als Ersatz für die Vorratsdatenspeicherung soll das Quick Freeze Modell kommen, also anlassbezogene Datenspeicherung in Verdachtsfällen. Und zur Terrorismusbekämpfung sollen staatsanwaltschaftliche Kompetenzen "gebündelt" werden. Asyl soll jenen Menschen für "die Dauer ihrer Verfolgung geboten werden, die Österreichs Hilfe wirklich brauchen". Individuelle Unterbringung für Asylwerber soll künftig nicht mehr möglich sein, zudem werden ausschließlich Sachleistungen zur Verfügung gestellt. Bei Antragsstellung wird den Asylsuchenden ihr Bargeld abgenommen zur Deckung der Grundversorgungskosten. Verkürzt werden sollen im Verfahren die Beschwerdefristen. Wenn eine positive Feststellung von Identitäten nicht möglich ist, kommt es zu einer negativen Feststellung. (c) APA "Weitere Strafverschärfung bei Gewalt- und Sexualdelikten" ist das vordringlichste Ziel der neuen Regierung im Justizbereich. Verschärft wird auch im Suchtmittelbereich - und zur Verfahrensbeschleunigung wird an Fristen gedacht. Auch an neue Tatbestände wird gedacht - und zwar mit Blick auf illegale Zuwanderer, also nicht nur zu Asylbetrug, sondern auch "Behördentäuschung durch Alterslüge". Bestrafen will Schwarz-Blau auch Gaffer, die bei Verkehrsunfällen Hilfskräfte behindern. (c) www.BilderBox.com (www.BilderBox.com) Schwarz-Blau will den flächendeckenden Breitbandausbau (zumindest hundert Megabit pro Sekunde) vorantreiben. Bis 2021 soll Österreich Pilotland im Bereich 5G-Ausbau werden. Außerdem plant die Koalition die Einführung eines "Bürger- und Unternehmerkontos", mit dem Amtswege online erledigt werden können. Unter dem Schlagwort "digitale Identität" sollen Bürger Personalausweis, Führerschein und E-Card etwa via Handy-App abrufen können - auf freiwilliger Basis. (c) Presse Relativ vage bleibt das Regierungsprogramm der ÖVP-FPÖ-Koalition in zentralen Punkten aus dem Bereich Wissenschaft. Geplant sind ein "Zugangsregelungs-Management" sowie "moderate Studienbeiträge". Wie ersteres aussehen soll und wie hoch zweitere sein sollen, steht nicht in dem Papier. Verschärft werden soll offenbar das Studienrecht, die ÖH bekommt strengere Vorgaben. Die Presse Volksabstimmungen über ein Volksbegehren sollen erst ab 900.000 Unterschriften (rund 14 Prozent der Berechtigten) verpflichtend werden - und auch das erst am Ende der Legislaturperiode, wenn sich die 2/3-Mehrheit findet bzw. nach einer Volksbefragung. 2022 soll die verpflichtende Volksabstimmung beschlossen werden. (c) APA Es kommt eine Novelle des ORF-Gesetzes, im Frühling soll die Enquete dazu stattfinden. Eine (Teil-)Privatisierung des ORF wird dezidiert abgelehnt. Eher vage sind die Aussagen zu ORF-Gebühren und Medienförderung. Zentral in der "neuen medienpolitischen Standortdebatte" sieht die neue Regierung die Weiterentwicklung und "Schärfung" des öffentlich-rechtlichen Auftrags, den man "im Gesetz genau formulieren will". Wie genau das aussehen wird, bleibt offen. Jedenfalls soll das "ORF-Gesetz NEU" eine "Weiterentwicklung der Strukturen und Gremien" des Öffentlich-rechtlichen bringen. Die unter Schwarz-Blau I errichtete Medienbehörde KommAustria sowie ihr Geschäftsapparat, die RTR, sollen eine "neue Organisationsstruktur" erhalten. Der "Österreich kann nur frei sein, wenn seine Landwirtschaft imstande ist, die Bevölkerung mit einem Selbstversorgungsgrad von 100 Prozent mit gesunden Lebensmitteln zu versorgen", heißt es im Programm. Geben soll es Exportinitiativen und eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die bäuerliche Direktvermarktung, sowie eine Absenkung der AMA-Gütesiegel-Lizenzgebühren für kleine bäuerliche Betriebe. Des weiteren vorgesehen ist eine "bessere Absicherung für Land- und Forstwirte". Hohe heimische Standards sollen geschützt werden. Zudem wird die Einrichtung einer Task-Force "Zukunft Landwirtschaft und Lebensräume" angekündigt. Die Presse Familie, Sicherheit, Rauchen: Der schwarz-blaue Koalitionspakt
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