Eine Vision, viel Zeit und Gottes Segen

Wie erneuert man eine Wallfahrtskirche und -stätte zeitgemäß? Die Architekten Feyferlik/Fritzer haben Mariazell 25 Jahre lang saniert und restauriert.

Es ist ein Projekt, wie man es im Arbeitsleben eines Architekten nicht oft findet: Rund 25 Jahre haben Wolfgang Feyferlik und Susanne Fritzer vom gleichnamigen Grazer Architekturbüro an der Restaurierung und Sanierung der Basilika sowie des Geistlichen Hauses in Mariazell gearbeitet. „Anfangs war das Projekt eine Vision des damaligen Superiors Pater Karl Schauer“, erinnern sie sich. Der Bauherr stand vor der Wahl, weiterhin einzelne notwendige Sanierungen oder die Restaurierung als großes Ganzes zu betreiben.

Er entschied sich für einen Masterplan, holte sich Architekten, Restauratoren und eine Projektsteuerung, und eingebettet in ein Gesamtkonzept wurden im Laufe der Jahre zahlreiche Maßnahmen im kleinen wie im großen Maßstab umgesetzt. „Die Kunst bestand darin, all diese Projekte mit einem roten Faden zu durchziehen, damit daraus ein großes Gesamtes wird“, beschreiben die Architekten. Gleichzeitig galt es, darauf zu achten, dabei keinen formalen Moden nachzugeben.

Anfangs wurden Abläufe, Funktionen und Raumzusammenhänge sowie die jeweiligen Bedürfnisse hinterfragt. Das Ergebnis der Bestandsaufnahme diente als Grundlage für die Planungen. „Die Projektentwicklung hat zwei bis drei Jahre gedauert, dann ist es mit den konkreten Arbeiten losgegangen“, erzählt Feyferlik.

Turmkammer für die Krippe

Im Laufe der Jahre wurde unter anderem ein neues Raum-, Farb- und Klangkonzept für die Basilika geschaffen, das vom Altarraum bis zu den Turmkammern reicht. Aus Letzteren wurden Ausstellungsräume, in denen auch die Mariazeller Krippe untergebracht wurde. Die alpenländische Barockkrippe, deren älteste Teile aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammen, findet nun perfekte klimatische Bedingungen. Auch ein Lift wurde – nach Diskussionen mit dem Denkmalamt – eingebaut.

Der Außenraum wurde miteinbezogen und erhielt eine barrierefreie Neugestaltung. „Die Zusammenführung der beiden bisher baulich getrennten Bereiche hat dem Ort auch städtebaulich gutgetan“, erläutern Feyferlik/Fritzer. Im Osten der Basilika entstand eine Tagespilgerstätte mit Sanitär- und Aufenthaltsbereichen, deren windgeschützte Terrasse von Chören gern zum Einsingen benutzt wird. Im Geistlichen Haus mit Superiorat, Kanzlei, Archiv, Prälatur und Pfarre Mariazell wurden historische Raumfolgen wiederhergestellt, zu Abstellkammern verkommene Räume aktiviert und die Privaträume der Patres und Gästezimmer je nach Erfordernis mit maßgeschneiderten Sanitärzellen, Küchennischen oder Kleinigkeiten wie innen liegenden Fensterläden ausgestattet.

Rund 400 Millionen Schilling, heute rund 29 Millionen Euro, seien für das Projekt, das im November übrigens mit dem diesjährigen Bauherrenpreis der Zentralvereinigung der Architektinnen und Architekten Österreichs ausgezeichnet wurde, budgetiert worden. „De facto waren wir knapp darunter“, sagt Feyferlik. Dass die Restaurierung der Wallfahrtskirche auf so lange Zeit anberaumt und in Einzelprojekte gegliedert war, habe zwei große Vorteile gehabt: Zum einen seien diese stets finanziell abgesichert gewesen, zum anderen habe das der handwerklichen und restauratorischen Qualität Raum gegeben. „Das ist ganz selten“, streuen sie dem Bauherren Rosen.

Noch sind die Arbeiten nicht ganz beendet, derzeit werden die vier Eingangstore des Geistlichen Hauses vom Haustischler renoviert. Sobald deren Renovierung gegen Jahresende abgeschlossen ist, kann unter das Langzeitprojekt ein Schlussstrich gezogen werden. Vorläufig jedenfalls: Denn „Mariazell ist, wie alle historischen Bauwerke, aus restauratorischer Sicht eine Dauerbaustelle“, sagt Fritzer. Erhaltungsarbeiten, wie etwa am Kalkputz, seien nämlich laufend notwendig.

ZUM OBJEKT

Der Überlieferung nach wurde Mariazell im Jahr 1157 gegründet, 1243 urkundlich erwähnt. 1420, 1474 und 1827 wurde die Kirche durch Brände beschädigt, von 1644 bis 1683 erweitert und barockisiert. 1907 wurde die Kirche zur Basilika. Die Architekten Feyferlik/Fritzer begannen 1992 mit der Sanierung. Sie kostete rund 29 Mio Euro und wurde mit dem Bauherrenpreis 2017 ausgezeichnet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.