China: Prominenter Internet-Aktivist zu acht Jahren Haft verurteilt

APA/AFP/JOANNA CHIU
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Ein Gericht befindet den Blogger mit dem Pseudonym "Supervulgärer Metzger" der "Untergrabung der Staatsgewalt" schuldig. Er nutzte seine Bekanntheit um auf Menschenrechtsfälle aufmerksam zu machen.

In China ist ein prominenter Internet-Aktivist zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Wu Gan, der im Netz unter dem Pseudonym "Supervulgärer Metzger" bekannt geworden ist, wurde von einem Gericht in Tianjin im Norden Chinas am Dienstag wegen "Untergrabung der Staatsgewalt" für schuldig befunden. Wu war im Mai 2015 festgenommen worden und hatte in seinem Prozess ein Schuldeingeständnis verweigert.

Wu sei mit dem "Regierungssystem" in China "unzufrieden" gewesen und habe deshalb "Gedanken über eine Untergrabung der Staatsgewalt entwickelt", erklärte das Gericht in der Urteilsbegründung. Er habe aktuelle Ereignisse "aufgebauscht" und damit das "staatliche System attackiert". Wu habe "Falschinformationen verbreitet" und in seinen Online-Artikeln "andere beleidigt".

Wu war als Blogger und Performance-Künstler bekannt geworden. Der 44-Jährige schrieb sarkastische Kommentare über die chinesische Politik und Gesellschaft und nutzte seine Bekanntheit, um auf Menschenrechtsfälle aufmerksam zu machen. Er setzte sich unter anderem für eine Frau ein, die ihren Vergewaltiger erstochen hatte - einen Funktionär der regierenden Kommunistischen Partei. Sein Pseudonym gab er sich als Reaktion auf Beschwerden über seine oft grobe Wortwahl.

Zweiter Aktivist verurteilt

Wus Anwalt Yan Xin sagte, der Aktivist sei so hart bestraft worden, weil er sich geweigert habe, sich vor Gericht schuldig zu bekennen. Mit der langen Haftstrafe wolle das Gericht ein Exempel statuieren, "damit sich andere Aktivisten, denen Verbrechen gegen den Staat zur Last gelegt werden, schuldig bekennen".

Ebenfalls am Dienstag wurde in der Stadt Changsha der frühere Menschenrechtsanwalt Xie Yang wegen "Anstachelung zur Untergrabung der Staatsanwalt" verurteilt. Ihm bleibt eine Haftstrafe allerdings erspart. Xie hatte im Prozess ein Geständnis abgelegt und frühere Foltervorwürfe zurückgenommen. Bereits im Mai war er gegen Kaution auf freien Fuß gekommen.

Das Gericht habe wegen Xies "Reue" von einer Strafe abgesehen, erklärten die Richter in einer Videoaufnahme aus dem Gerichtssaal, die das Gericht im Kurzbotschaftendienst Weibo veröffentlichte. Mit seinen Verbrechen habe er der chinesischen Gesellschaft zudem nicht schwer geschadet.

Aktivisten sprechen von "Schauprozess"

Wu und Xie waren im Zuge einer Festnahmewelle im Sommer 2015 mit rund 200 weiteren Anwälten und Aktivisten festgenommen worden. Nach seiner Festnahme hatte Xie über Folter im Polizeigewahrsam geklagt. Er beschwerte sich über Schlafentzug, lange Vernehmungen, Prügel, Morddrohungen und Erniedrigungen. Die EU und mehrere westliche Staaten schalteten sich in den Fall ein und äußerten sich besorgt über seine Haftbedingungen.

Vor Gericht gab Xie dann später an, keiner Art von Folter unterzogen worden zu sein. Diese Aussage wiederholte am Dienstag, wie auf dem Video aus dem Gerichtssaal zu sehen war. Mit seinen Foltervorwürfen habe er die Öffentlichkeit "negativ beeinflusst und getäuscht", sagte Xie. "Dafür möchte ich mich noch einmal entschuldigen." Menschenrechtsaktivisten sprachen von einem "Schauprozess".

(APA/AFP)

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