Der Ex-Premier sitzt im Exil in Brüssel.
Madrid. Carles Puigdemont will nicht aufgeben. Der wegen zahlreicher Rechtsverstöße im Oktober abgesetzte katalanische Ministerpräsident, der vor der spanischen Justiz nach Brüssel geflohen ist, will in sein Amt zurück. Nach dem Sieg des Unabhängigkeitsblocks in der Regionalwahl im Dezember einigten sich die beiden großen Separatistenparteien Kataloniens grundsätzlich darauf, erneut in einer Koalition in der gespaltenen spanischen Region zu regieren. Der heftige Streit mit Spaniens Zentralregierung dürfte also weitergehen.
Unklar ist freilich noch, wie die Separatisten Puigdemont wieder ins Amt hieven wollen. Denn gegen den 55-Jährigen liegt in Spanien ein Haftbefehl vor, weil er einer Vorladung des Obersten Gerichtshofs nicht nachgekommen ist und sich nach Belgien abgesetzt hat. Der Spitzenmann der Unabhängigkeitsliste Junts per Catalunya (Zusammen für Katalonien) muss also mit einer Festnahme rechnen, sobald er spanischen Boden betritt. Spaniens Oberster Gerichtshof ermittelt gegen Puigdemont wegen Rebellion und Veruntreuung von Steuergeldern.
Puigdemont ließ bereits durchblicken, was er zu tun gedenkt, wenn er nicht nach Spanien zurückkehren kann: Er will aus der Ferne, aus dem 1400 Kilometer entfernten Brüssel, Katalonien regieren. An den Parlaments- und Kabinettssitzungen in Barcelona könne er ja notfalls auch per Videoschaltung aus sicherer Distanz teilnehmen, ließ er verlauten. Ein Plan, der allerdings auch im Lager der Unabhängigkeitsbewegung umstritten ist.
Die Idee des „Skype-Präsidenten“ ist nur schwer umzusetzen. Laut Gesetz muss der Anwärter auf das Amt des Ministerpräsidenten im Parlament sein Regierungsprogramm vorstellen. Auch die Mehrheit für die Wahl des Premiers ist nicht gesichert: Theoretisch halten die drei katalanischen Separatistenparteien zwar wieder mit 70 der 135 Mandate eine knappe absolute Mehrheit im Parlament. Aber acht ihrer Abgeordneten, darunter Puigdemont, sind auf der Flucht oder sitzen in Untersuchungshaft. (ze)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2018)